In fünf Wochen einmal quer durch Kanada
Reisebericht Kanada Juni/ Juli 2022
Nach drei Jahren Kanada- Abstinenz und vier Jahre nach dem letzten Wohnmobilurlaub geht es dieses Jahr endlich wieder ins Land von Elch und Ahornsirup. Und dieses Mal erfüllen wir uns einen langersehnten Traum: Wir durchqueren Kanada von Ost nach West, von Toronto nach Vancouver, vom Atlantik zum Pazifik. Dieses Jahr sind wir nur zu zweit unterwegs. Das Kind ist mittlerweile so groß geworden, die Schule ist beendet und an der Uni warten Klausuren, da ist keine Zeit für einen langen Sommerurlaub mit den Eltern. Sehr zum Leidwesen vom Kind und auch für mich ist es tatsächlich ein komisches Gefühl. Jetzt ist aber alles gebucht und es gibt kein Zurück mehr. Bereits im Winter hatten wir die Flüge mit Condor gebucht, ebenso die Hotels in Toronto und Vancouver sowie das Wohnmobil über die camperboerse. Anfang des Jahres folgten dann Stück für Stück die 18 Campingplätze quer durch Kanada verteilt. Uns war von Anfang an klar, dass wir auch dieses Mal wieder Abstriche machen müssen und nicht alles mitnehmen und sehen können und so entschieden wir uns für die Natur und gegen die großen Städte. Bei den Campingplätzen entschieden wir uns fast ausschließlich für die in den National- und Provincialparks, denn die Plätze sind dort in der Regel deutlich schöner als die privat geführten Campingplätze. Und dann hieß es irgendwann nur noch warten. Auf Ende Juni und auf 35 Tage Abenteuer in Kanada.
Samstag, 25.06.2022 Anreise nach Toronto
Nach einem gemeinsamen Frühstück zu Hause gehen wir alle zur Tür raus. Das Kind zum Training und Mike und ich machen uns auf den Weg zum Frankfurter Flughafen. Neben uns beiden sitzt auch meine Flugangst mit im Auto, die sich dieses Jahr sehr aufdrängt und bisher nicht abschütteln lässt.
Die Fahrzeit nach Frankfurt ist mit zwei Stunden angegeben. Das kommt gut hin, es gibt keine Staus oder größeren Baustellen und wir kommen gut durch. Pünktlich zur vereinbarten Zeit geben wir unser Auto beim Shuttle-Service am Parkhaus ab.
Im Vorfeld und insbesondere in den letzten Tagen hatte es an den Flughäfen wegen Personalmangels extreme Warteschlangen bei der Passagierabfertigung gegeben, so dass viele Menschen ihre Flüge nicht mehr bekommen hatten oder die Flüge direkt gestrichen wurden. Unser Shuttle-Fahrer ist super nett und kommt direkt auf den Punkt: „Da drinnen erwartet euch das totale Chaos“. Oje, mal sehen, was da auf uns zukommt. Die Menschenmassen in Terminal 1 sind definitiv da, stehen aber zum Glück alle bei Thai- Airways oder der Lufthansa an. Die Schlange bei Condor ist nicht länger als sonst auch. Wir haben heute Glück und können uns beim Business-Class Check-In anstellen. Ursprünglich hatten wir zwei Plätze in der Premium-Economy gebucht, im April hatte uns Condor jedoch fast stillschweigend in die Economy Class umgebucht- zwei Reihen hinter die Toilette. Weil sie einen anderen Flugzeugtyp schicken würden. Zum Glück hatten wir irgendwann nochmal in die Buchung geguckt und da war uns die Umbuchung aufgefallen. Zwei Reihen hinter der Toilette? Echt jetzt? Da stehen die Leute nach spätestens vier Stunden im Gang und man hat immer irgendeinen Hintern im Gesicht und Hände an der Rückenlehne. Außerdem mag ich es, auf Flügen ein bisschen vom Personal betüttelt zu werden. Beruhigt mich und lässt mich die langen Flüge viel besser aushalten. Wir überlegen nun hin und her, beißen dann die Zähne zusammen und buchen uns in die Buisness Class hoch. Jetzt sind vor uns nur drei Personen am Schalter und ruck zuck sind wir unser Gepäck los. Wir haben noch gut zwei Stunden Zeit und gehen Richtung Lufthansa Lounge. Das ist schon nett hier. Ruhig, Essen und Trinken gibt’s umsonst. Duschen? Auch kein Problem. Wir suchen uns zwei bequeme Sessel und bei Tee, Kuchen und einem Teller Schupfnudeln vergeht die Zeit super schnell.
Leider beruhigt das Essen nicht meine Flugangst, die sich unangenehm bemerkbar macht. Warum tu ich mir das eigentlich regelmäßig an? Bin ich ja selbst schuld.
Um 14:10 Uhr wird zum Boarding aufgerufen. Am Schalter angekommen tut sich nichts. Die Maschine steht da, die Passagiere auch. Eine halbe Stunde vergeht, es tut sich immer noch nichts. Irgendwann kommt die Durchsage: „Liebe Passagiere des Condor-Fluges nach Toronto, aufgrund fehlenden Reinigungspersonals kann die Maschine nicht rechtzeitig sauber gemacht werden. Wir müssen also warten.“ Das Warten dauert weitere 30 Minuten, danach beginnt das Boarding. Und siehe da- es gibt ja doch eine Premium-Economy-Class, weil wieder der ursprüngliche Flugzeugtyp geschickt wurde. Liebes Condor-Team, wir müssen reden.
Das Personal empfängt uns sehr nett und freundlich und füllt das Flugzeug zügig.
Mit anderthalb Stunden Verspätung heben wir um 16:25 Uhr in Frankfurt ab. Der Kapitän erklärt uns schnell, dass er Gas geben wird, um die Verspätung halbwegs wieder auszugleichen. 7:45 Stunden Flugzeit hat er angesetzt- und wird sie nachher auch einhalten.
Mike und ich machen es uns in unseren Sitzen bequem und über dem Ärmelkanal bekommen wir ein paar Nüsschen serviert. Passend zu den ersten Getränken wackelt es leicht und wir nehmen unsere Gläser mal lieber in die Hand, bevor alles überschwappt. Südlich von Island kommt das warme Essen auf den Tisch. Es gibt gemischte Vorspeisen, die fast alle sehr lecker sind. Das Pastrami-Törtchen mit Chimichurri ist nicht so meins, das geht leider wieder zurück. Als Hauptgang entscheiden wir uns beide für das Hähnchen in Zitronen-Butter und Risotto und als Nachspeise gibt es Kokos-Törtchen mit Mango. Sehr lecker alles. Dazu gibt es noch Brot, Käse und Trauben. Der Getränkewagen kommt so oft vorbei, soviel kann ich gar nicht trinken.
Nach dem Essen macht Mike sich den ersten von zwei Filmen an und ich spiele Spielchen auf dem Handy. Für mich reicht die Konzentration nie für einen Film, ich versuche mich immer anderweitig abzulenken.
Nach fünf Stunden Flugzeit verstelle ich meinen Sitz zu einem Bett und versuche, etwas zu schlafen. Klappt leider nicht so ganz. Irgendwie ist das Bett unbequem und schräg hinter mir nervt ein Mann. Ständig gibt der irgendwelche Töne von sich, gähnt so laut, dass es jeder andere mitkriegen muss und kann keine halbe Stunde sitzen bleiben. Andauernd läuft der an meinem Sitz vorbei und nimmt dabei aufgrund seiner Körperfülle mehr Platz ein, als er im schmalen Gang zur Verfügung hätte. Schlafen ist nicht, also gibt’s wieder Handy-Spielchen.
Neben mir ist Mike eingedöst und schläft vor sich hin. Den angebotenen Muffin und die Cracker bekommt er aber mit. Ich passe, bin noch zu satt.
Wir haben mittlerweile den kanadischen Luftraum erreicht und noch zwei Stunden Flugzeit vor uns, als über Labrador und Neufundland wieder ordentliche Turbulenzen losgehen. Es wackelt und reißt am Flugzeug. Wir werden ordentlich durchgeschüttelt. Ich habe noch keinen Flug nach Kanada ohne Turbulenzen an dieser Stelle erlebt. Meine Flugangst und ich sitzen wieder aufrecht im Sitz und warten auf ein Ende des Gewackels. Das dauert leider eine ganze Stunde. Der Service für die letzte Mahlzeit war schon angekündigt, jetzt wird er aber wegen der Ruckelei erstmal ausgesetzt. Als es dann weitergeht ist mir gar nicht mehr nach Currywurst mit Brot und Salat. Mike darf wegen seiner Lebensmittelallergie sowieso nicht an die Currywurst, also setzten wir beide diese Mahlzeit aus. Wir haben heute schon so viel gegessen, das reicht erstmal.
Die letzte Stunde bleibt es dann wieder ruhig und wir setzen um 19 Uhr sanft in Toronto auf. Die Stewardessen bitten wie üblich darum, dass die Passagiere bis zum Stillstand des Flugzeuges angeschnallt auf ihren Sitzen sitzen bleiben und wie üblich reißen beim ersten Bodenkontakt die ersten Passagiere ihr Gepäck aus den oberen Fächern. Die werden nochmal mit böserer Stimme ermahnt. Wahrscheinlich dachte die Stewardess, dass das Mikrofon aus wäre, als laut das Wort „Kindergarten“ durchs Flugzeug hallt. Mike und ich müssen grinsen.
Die Abfertigung in Toronto läuft viel schneller als erwartet. Die Covid-Tests sind ja ausgesetzt und so müssen wir unsere Pässe und die Impfausweise nur kurz einer Dame an der Immigration vorzeigen. Als sie sieht, dass wir Deutsche sind sagt sie „Wie geht’s?“, guckt schnell über unsere Dokumente und winkt uns durch. Das soll jetzt alles gewesen sein? Uns wurde was von bis zu drei Stunden Wartezeit bei der Einreise erzählt. Aufs Gepäck warten wir ein bisschen länger aber irgendwann haben wir unsere Koffer in der Hand. Jetzt ab ins Hotel. Wir haben für die ersten beiden Nächte das element airport Hotel gebucht. Das Hotel- Shuttle kommt schnell und so checken wir um 20:30 Uhr im Element-Hotel ein. Schnell noch duschen und ab in Bett. Der Tag war lang und mein Körper sagt was von halb vier Uhr morgens.
Sonntag, 26.06.2022 Toronto
Das Bett ist bequem, es ist ruhig und dunkel und doch ist um 3:30 Uhr die Nacht für mich das erste Mal zu Ende. Die Zeitverschiebung macht die Nacht zum Tag. Ich schlafe zum Glück nochmal kurz ein aber um 4:30 Uhr ist wirklich Ende und Mike neben mir ist auch schon wach. Leider wache ich dieses Mal mit Kopfschmerzen auf und schwitze, sobald ich mich drei Schritte bewege. Nicht so gut. Wir vertrödeln die Zeit bis zum Frühstück und sind um 7:00 Uhr die Einzigen, die sich über Pancakes mit Bananen, Blaubeeren, gerösteten Nüssen und Nutella freuen. Dazu gibt es noch etwas Rührei sowie Kaffee und Orangensaft. Die Portion ist lecker, riesig und macht mehr als satt.
Um meinen Kopf ein bisschen zu besänftigen lege ich mich nach dem Frühstück nochmal ins Bett und schlafe tatsächlich bis 9:30 Uhr wieder ein. Jetzt geht’s wieder besser.
Wir wollen heute nach Downtown Toronto und da wir so nah am Flughafen sind, nehmen wir den UP- Express, eine Bahn, die direkt von Terminal 1 mit nur zwei Zwischenstopps nach Downtown fährt. 25 Minuten braucht sie dafür und so sind wir gegen 11:30 Uhr direkt im Herzen Torontos.
Es ist ganz schön heiß und schwül heute und ab dem späten Mittag sind Gewitter angesagt. Zuerst muss ich zu Michaels, einem Laden für Bastelbedarf, Künstlerzubehör und jeglicher Art von Papier. Hier besorge ich mir einen neuen Planer fürs kommende Jahr, das in diesem Planer immer von Juli bis Juli geht.
Ich mag diese eine Sorte Planer sehr und in Deutschland sind sie zum einen schwer zu bekommen und zum anderen extrem teuer, also bringe ich mir immer gerne einen aus Kanada mit. Mit meiner neuen Errungenschaft in der Tasche bummeln wir etwas ziellos durch die Straßen.
Heute ist Pride- Parade in Toronto und so treffen wir auf viele Menschen in bunter Kleidung und mit Regenbogenflaggen. Manche etwas unauffälliger mit Regenbögen nur an den Socken, andere wiederum komplett in Regenbogenfarben gehüllt. Gegen Mittag sind die Terrassen der Restaurants gut mit brunchenden Menschen gefüllt und auch wir könnten etwas Kühles zu Trinken brauchen. Die Hitze hängt in den Straßenschluchten regelrecht fest. Wir gehen Richtung Wasser und bummeln über einen kleinen Bauernmarkt an der Brauerei. Hier werden an mehreren Ständen allerlei hausgemachte Dinge verkauft. Es gibt handgemachte Seifen, Selbstgenähtes und -gestricktes, frisch gebackenes Brot, Honig sowie ein bisschen Gemüse aus dem eigenen Garten. Ist immer ganz schön, über diese kleinen Märkte zu schlendern. Nur zu Trinken finden wir hier nichts, deshalb zieht es uns als Nächstes zu einer Art Biergarten. Hier gibt es leckere hausgemachte Limonaden, genau das Richtige bei der Wärme. Mike und ich setzen uns mit unseren Getränken auf ein bequemes Sofa und versacken hier für die nächste Stunde.
Bei mir fangen im Laufe des Tages Husten und Schnupfen an und ich fühle mich etwas schlapp. Eigentlich wollten wir noch essen gehen aber wir sind noch so unglaublich satt vom Frühstück und zum Essen ist uns eigentlich auch zu warm also beschließen wir, ein paar Teile fürs Abendessen einzukaufen und mit ins Hotel zu nehmen. Wir finden einen Sobey´s und nehmen etwas Salat, geschnittenes Obst und Getränke mit. Damit geht’s zurück zur Bahnstation und mit der Bahn wieder Richtung Flughafen. Leider wird der Husten immer penetranter und ich niese immer wieder. So langsam ahne ich Böses.
Während ich anfange den Reisebericht zu schreiben, geht Mike noch eine Stunde ins hoteleigene Fitnessstudio. Nach der Dusche gibt’s Salat und das Obst nehmen wir uns mit auf die Hotelterrasse. Es ist immer noch warm aber nicht mehr so drückend heiß und jetzt sehr angenehm draußen. Wir genießen noch ein bisschen die warme Luft, dann macht sich auch schon wieder die Müdigkeit breit. Um 20:30 Uhr liegen wir im Bett und machen uns einen Film an. Den kriege ich schon nicht mehr komplett mit, denn ich schlafe schon vor dem Ende ein. Mike geht es genauso und so brechen wir den Film ab und schlafen lieber.
Montag, 27.06.2022 Übernahme Wohnmobil
Heute früh schaffen wir schon eine Stunde mehr und sind erst um 5:15 Uhr wach. Draußen wird es langsam hell und von unserem Bett aus können wir die landenden Maschinen beobachten. Leider sind bei mir weder Husten noch Schnupfen besser geworden und über Nacht ist noch ein Druckgefühl im Brustkorb hinzugekommen. Ich verbarrikadiere mich lieber im Zimmer und gehe nicht mit zum Frühstück. Da es heute keine Pancakes („nur sonntags“) sondern herzhafte Frühstücks-Burritos gibt, bringt mir Mike lieber Joghurt mit Obst und Müsli mit aufs Zimmer. Beides ist richtig lecker.
Um 8 Uhr ruft Mike bei der Vermietstation von Cruise Canada an um zu erfahren, wann wir unser Wohnmobil dort übernehmen können. Direkt um 12 Uhr- das passt ja perfekt, denn bis 12 Uhr müssten wir auch aus dem Hotel raus. Wir haben also noch Zeit und bleiben einfach liegen, packen dann unsere Siebensachen zusammen, checken aus und innerhalb von 5 Minuten kommt auch schon unser Taxi, das uns nach Bolton zu Cruise Canada bringt. Die Übernahme des Campers macht Mike lieber allein, ich warte draußen, denn Husten und Schnupfen braucht drinnen momentan niemand. Die Formalitäten sind schnell erledigt und wir bekommen ein ganz neues Fahrzeug mit nur 3000 Kilometern auf dem Kilometerzähler. Schnell innen und außen drüber gucken, sicherheitshalber ein paar Fotos machen und dann können wir los.
Ach ne, noch nicht ganz. Propan fehlt noch. Der nette Herr, der auch die Übergabe gemacht hat, fährt mit einem Fahrzeug vor uns her und wir folgen ihm zu einer Gas-Tankstelle. Hier stinkt es echt übel aber der Wagen ist schnell voll und wir sind wieder weg. Jetzt kanns losgehen.
Die erste Etappe ist nur kurz, denn ich habe Mike eine Einkaufsliste für den ersten Einkauf geschrieben. Der ist immer etwas größer und so läuft Mike durch Canadian Tire, Walmart und Dollarama, dann haben wir alles von Axt bis Zucker.
Während Mike einkauft, krame ich einen unserer mitgenommenen Covid-19-Schnelltests heraus und teste mich. Ich habe ja schon viele Tests beaufsichtigt aber so schnell habe ich noch nie die beiden Linien entstehen sehen. Es dauert keine Minute und es ist klar: Ich habe Corona. Das Ergebnis wundert mich nicht aber echt jetzt? Seit gut zwei Jahren haben wir nichts abgekriegt und jetzt am ersten Urlaubstag werde ich krank? Das darf echt nicht wahr sein. Ich bin am Samstag noch völlig ohne Symptome eingereist und jetzt zeigt sich hier ein fast schwarzer fetter zweiter Strich. Nach der ersten schlechten Laune geht’s ab auf den Highway Richtung Algonquin Provincial Park. Die 275 Kilometer sind mit 3 Stunden Fahrzeit angegeben. Unterwegs fallen mir natürlich noch Sachen ein, die ich auf der ersten Einkaufsliste vergessen habe und so schicke ich Mike in Huntsville nochmal zu Walmart rein. Daneben ist direkt eine Tankstelle. Dass so ein Wohnmobil einen großen Tank hat wussten wir, dass der hier aber so groß ist… bei 200 Dollar und 100 Liter ist Schluss und der Tank war noch 1/3 voll.
Jetzt aber wirklich ab zum Campingplatz, denn die Zeit rast heute nur so. Es ist schon 19 Uhr und wir haben noch 76 Kilometer vor uns. Um kurz vor 8 kommen wir am Lake-of-Two-Rivers-Campground an. Wir haben für die nächsten drei Nächte einen Stellplatz ohne alles, dafür wunderschön und ruhig im Wald gelegen.
Mittlerweile hat es angefangen zu regnen, daher machen wir uns schnell eine Nudelsuppe, beziehen die Betten und gucken beim Abendessen noch den Film zu Ende, den wir im Hotel angefangen hatten. Um 22 Uhr ist Schluss für heute. Mike hatte mir aus der Apotheke noch irgendein kanadisches Erkältungsmittel gegen scheinbar alles mitgebracht, das hau ich mir jetzt rein und hoffe auf Besserung.
Dienstag, 28.06.2022 Algonquin Provincial Park
Die Nacht war kalt, eiskalt. Draußen waren 8 Grad angesagt und im Wohnmobil ist es glaube ich auch nicht wärmer. Ich friere trotz Bett- und Wolldecke, aber da wir eben keinen Strom haben läuft auch die Heizung nicht. Ich ziehe mir erstmal die Decken bis an die Nasenspitze und versuche mich etwas aufzuwärmen. Auf meinem Handy entdecke ich eine Menge Whats-App-Nachrichten, denn viele liebe Menschen haben an meinen Geburtstag gedacht und die sind in Deutschland eben schon einige Stunden früher in den Tag gestartet. Ich lese meine Glückwunschnachrichten, antworte und bleibe so noch eine ganze Weile im Bett. Irgendwann ziehe ich mich an und mache mich fertig. Da wir wie gesagt ohne Strom sind funktioniert mein Fön im Wohnmobil nicht. Die Haare sind nass und es ist so kalt- ich muss die unbedingt trocken kriegen. Ich ziehe mir eine Maske auf, gehe rüber zum Waschhaus und gucke, ob ich allein bin. Glück gehabt, niemand da und so kann ich mir schnell die Haare fast trockenfönen, bis die Tür aufgeht und eine Frau reinkommt. Ich verschwinde dann lieber wieder zurück ins Wohnmobil.
Wir frühstücken und überlegen, was Mike denn heute so anstellen kann, denn ich werde wohl nur hier sitzen. Bis auf etwas Husten und eine laufende Nase fühle ich mich ganz in Ordnung. Wir entscheiden, zwei am Highway gelegene Wanderwege anzusteuern. Mike ist noch fit und hat nichts, warum soll er den ganzen Tag mit mir im Wagen rumhängen? Ich warte während der Wanderungen jeweils im Wohnmobil, setze mich vorne in die Sonne und döse vor mich hin, denn müde bin ich tatsächlich ordentlich.
Am frühen Nachmittag hat Mike genug von der Wanderei und wir fahren zur Day-Use-Area am Lake of Two Rivers, wo wir Geburtstagskuchen essen wollen. Eigentlich wollten wir das Wohnmobil auf dem Parkplatz mit schöner Sicht auf den See parken und drinnen essen aber außer uns ist weit und breit niemand zu sehen also wagen wir uns auf eine der Bänke in der Nähe des kleinen Sandstrandes. Kaffee, Orangensaft und Kuchen nehmen wir mit. Ich hatte mir zum Geburtstag einen typisch nordamerikanischen Red-Velvet-Cake gewünscht und den hatte Mike gestern von Walmart mitgenommen. Lecker ist er und ordentlich süß. Nach einem Stück hat man einen richtigen Zuckerschock. Das zweite Stück gibt’s morgen. Solange tagsüber die Sonne scheint ist es schön angenehm warm und da die Sonne eben scheint sitzen wir noch eine Weile gemütlich hier rum, bis auch am Strand irgendwann Leute auftauchen. Da gehen wir doch lieber wieder.
Wir fahren zurück zum Campingplatz und setzen uns in unsere Stühlchen, lesen, machen Sudokus und genießen das wunderschöne Licht der sich langsam senkenden Sonne. Am frühen Abend macht Mike den Grill fertig, denn wir wollen Schnitzel, Folienkartoffeln und Salat machen. Leider ist das verkaufte Holz so feucht, dass es kaum anfängt zu brennen. Es qualmt und zischt aber richtig heiß wird das Feuer nicht. Mitten in unseren Versuchen, das Fleisch gar zu kriegen, kommen plötzlich ein Mann und eine Frau mit Fahrrädern bei uns auf den Platz gefahren. Er fragt auf Englisch, woher wir kommen und als wir sagen, dass wir aus Deutschland sind, freut er sich: „Oh, dann können wir ja auch auf Deutsch weiterreden“. Bei dem Leih-Wohnmobil hatte er sich schon gedacht, dass wir aus Europa kommen und Touristen wären länger nicht hier gewesen also wollte er uns einfach mal ansprechen. Es stellt sich heraus, dass die Dame bei ihm seine Schwester ist und der ältere Herr vor vielen Jahren nach dem Krieg von Deutschland nach Kanada gegangen und dort geblieben ist. Seine Schwester besuche ihn immer im Sommer. Wir reden noch etwas, ich natürlich immer auf Abstand, und auch er beschwert sich über das viel zu nasse Feuerholz. Nach fast einer Stunde verabschieden sich die beiden und drehen weiter ihre abendliche Runde über den Campingplatz. Unser Essen auf dem Grill fertig zu kriegen haben wir mittlerweile aufgegeben. Ich schneide die Schnitzel in Streifen und brate sie in der Pfanne an. Immerhin sind die Kartoffeln in der Glut gar geworden. So kommen wir doch noch zu unserem geplanten Abendessen, draußen, im Wald.
Als es dunkel wird sind wir beide auch schon wieder müde, der Jetlag lässt auch nach drei Tagen immer noch grüßen. Wir spülen schnell ab, machen uns bettfertig und verschwinden unter der Decke.
Mittwoch, 29.06.2022 Algonquin Provincial Park
Diese Nacht war etwas wärmer. Es hat angefangen zu regnen und als wir morgens aufwachen ist alles nass. Wir haben tatsächlich bis 8 Uhr geschlafen, danach geht’s erstmal duschen. Die Duschen sind zum Glück einzelne, nicht miteinander verbundene Kabinen, so dass ich auch dort allein bin und danach gut durchlüften kann. Bei dem Regen scheint niemand sein Dach über dem Kopf verlassen zu wollen. Mike hüstelt mittlerweile auch und unsere Laune ist schlecht. Wie machen wir jetzt weiter? Wir überlegen, ob wir zusammenpacken, nach Toronto zurückfahren und in Hotel-Quarantäne gehen. Dann können wir unsere geplante Tour nach 10 Tagen Quarantäne aber vergessen. Oder geben wir das Wohnmobil ab, gehen in Quarantäne und danach ab nach Hause? Was aber, wenn die Situation in 10 Tagen viel besser ist und wir alles verpassen? Wir entscheiden uns, am Campground Office nachzufragen, denn wir haben keine Ahnung, was wir hier in Ontario dürfen oder eben nicht. Das Personal im Visitor Center sagt: „Ja, Ontario Parks erlaubt Isolation im eigenen Wohnmobil“. Das hört sich doch schon mal gut an und wir beschließen, erstmal zu bleiben. Ich im Wohnmobil und Mike darf ja noch raus. Auf dem Rückweg geht Mike noch auf zwei Wanderwege, die sind aber wohl nicht besonders sehenswert. Die Mücken überfallen einen, sobald man aus dem Auto aussteigt und lassen sich selbst von Off!, einem echt fiesen Insektenschutzmittel mit viel DEET drin, nicht beeindrucken.
Wir fahren zum Stellplatz zurück und müssen auf dem Weg noch Dumpen und Wasser auffüllen. Kurz vor dem Campground, direkt am Highway gibt es die Möglichkeit, Burger und andere fettige Schweinereien zu holen, was wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir sitzen draußen vor dem Wohnmobil, neben uns ist kein einziger weiterer Stellplatz belegt, essen leckere Burger mit Pommes und schlagen nebenbei immer wieder nach den Mücken. Da uns heute früh die Laune nicht nach Essen stand, sind Burger und Co. jetzt unser Frühstück um 17 Uhr.
Mike hatte vorhin nachgefragt, ob wir nicht unsere Quarantänetage hier im Algonquinpark absitzen könnten, denn laut der Verordnung von Ontario hätten wir, da voll geimpft, bereits nach 6 Tagen wieder raus gedurft. Ich könnte tatsächlich hierbleiben, es ist ruhig und schön hier, aber wegen Canada Day ist das leider nicht möglich, alles ist ausgebucht. Mikes Husten wird gegen Abend zunehmend mehr und natürlich fällt auch sein Test jetzt positiv aus. Wir sind beide müde, machen uns um 19:30 eine Serie an, gehen ins Bett und schlafen beide schon um 21 Uhr.
Donnerstag, 30.06.2022 Fahrt zum Chutes Provincial Park
Heute müssen wir unseren Campingplatz verlassen, es geht die erste Etappe weiter Richtung Westen in den Chutes Provincial Park. 399 Kilometer und vier Stunden Fahrzeit liegen vor uns. Wir packen zusammen, zum Frühstück gibt’s ein Toast mit Peanutbutter, dann geht’s los.
Ich fahre zum ersten Mal nach vier Jahren Pause wieder so ein Monster von Fahrzeug und fühle mich ganz schön unsicher dabei. Die ersten 75 Kilometer bis Huntsville geht die Straße zum Glück immer schön geradeaus, es sind nur wenige Autos unterwegs und dann ist die Gewohnheit auch wieder da. In Huntsville nochmal schnell tanken, dann fahre ich auf den Highway. Hier ist schon mehr los und warum bin ich immer der ehrenamtliche Stauführer, wenn ich mich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halte? Die Schlange hinter mir wird immer länger und am meisten scheinen sich die Lastwagenfahrer zu freuen, als sie endlich die Möglichkeit zum Überholen kriegen. Die Strecke ist unspektakulär und die Landschaft zieht an uns vorbei. Ich merke, dass ich heute schnell müde werde und mich schlecht konzentrieren kann. Nach 250 Kilometern kann ich nicht mehr und fahre an der nächsten Abfahrt raus, jetzt muss Mike weiterfahren. Ich sitze nur kurz auf dem Beifahrersitz, da fallen mir die Augen zu. Immer wieder döse ich halb weg.
Am Eingang des Chutes Provincial Parks stehen die Fahrzeuge Schlange, es ist Canada Day, der kanadische Nationalfeiertag. Alles und jeder ist mit Zelt und Wohnwagen unterwegs, um sich das lange Wochenende in der Natur zu erholen. Die meisten haben Fahrräder, Kanus oder aufblasbares Riesengetier mit dabei. Bis vor kurzem muss es hier ordentlich geregnet haben, denn auf den Straßen und Wegen stehen noch Pfützen.
Wir fahren zu unserem Stellplatz, der wieder ganz schön im Wald liegt. Leider hört man den angrenzenden Highway etwas. Hier passiert heute Abend nicht mehr viel. Zum Abendessen gibt es eine Nudel-Gemüsepfanne und dann legen wir uns zum Serie gucken ins Bett. Ich schaffe nicht mal eine ganze Folge, dann bin ich weg.
Freitag, 01.07.2022 Chutes Provincial Park
Die Nacht war super unruhig. Gegen Mitternacht fing es heftig an zu regnen und zu gewittern, danach haben Mike und ich abwechselnd hustend im Bett gesessen. Ich habe echt keine Lust mehr auf den Sch…
Am Morgen bin ich ziemlich gerädert, hab mir den Nacken verlegen, dadurch Kopfschmerzen und echt schlechte Laune. Ich möchte eigentlich einfach nur noch nach Hause, mich in mein Bett legen und mir die Decke über den Kopf ziehen.
Leider muss Mike meine schlechte Laune aushalten und mein mies gelauntes Gesicht beim Frühstück ertragen. Zum Glück kommt die Sonne zum Vorschein und es wird schnell warm. Ich setze mich mit einem Campingstuhl in die Sonne und spiele an der Switch. Die Wärme tut so gut, es fühlt sich endlich ein bisschen nach Sommer und Urlaub an.
Gegen Mittag wird es so warm, dass wir uns zum ersten Mal in diesem Urlaub kurze Hosen anziehen. Eigentlich hatten wir uns diesen Park als Zwischenstopp ausgesucht, weil es hier ganz schöne Wasserfälle und einen netten Wanderweg geben soll. Den Wanderweg können wir natürlich nicht wandern aber wir wollen uns kurz den Wasserfall angucken. Der Parkplatz liegt nur 110 Meter vom Aussichtspunkt entfernt, wir warten, bis wir allein sind und gucken schnell mal raus. Sieht hübsch aus. Auf der anderen Seite des kleinen Sees gibt es einen Badestrand, der heute ganz gut besucht ist. Trotz des noch ziemlich kalten Wassers sind einige Kinder und Erwachsene mit und ohne Plastiktiere im Wasser und scheinen Spaß zu haben.
Auf dem kurzen Rückweg zum Stellplatz halten wir an der laundry. Ich darf seit heute offiziell wieder raus, sechs Tage sind rum, und ich nutze das erstmal zum Duschen und Wäsche waschen. Mike wartet so lange im Wohnmobil. Ich schmeiß die Ladung Wäsche in die Maschine und wir fahren den kurzen Weg zum Stellplatz zurück. In gut einer Stunde kann ich die Wäsche in den Trockner tun.
Als ich die trockene Wäsche zu Fuß abhole, steht ein Kanadier vor seinem Fifth-Wheel, einer riesigen fahrenden Dreizimmer-Wohnung und misst irgendwas mit dem Zollstock aus. Irgendwie scheint er nicht zufrieden und meint zu seiner Frau: „This trailer is too small“. Ehrlich? Das Ding ist so groß, damit käme man in Europa nicht durch die Straßen und dann soll das Ding zu klein sein?
Nachdem die Wäsche versorgt ist, setze ich mich wieder in die Sonne, Mike legt sich in die Hängematte. So verbringen wir den Rest des Nachmittags.
Gegen Abend kommt auf dem uns gegenüberliegenden Stellplatz auf der anderen Straßenseite eine Familie an- Vater, Mutter und ein kleiner, vielleicht 2-3jähriger Junge. Die beiden Erwachsenen kommen direkt mit lauter Musik vorgefahren, es dröhnt nur so aus dem Auto und dann können die nicht normal miteinander reden, es wird nur geschrien. Dass die ein kleines Kind dabei haben merken wir erst, als sich der Kleine auf unseren Stellplatz verirrt und die Mutter ihn wieder zurückholt- „äh, sorry guys“. Vor allem der Vater schreit die ganze Zeit rum. Es ist unmöglich, sich nicht deren Gespräche und Diskussionen anzuhören. Bleibt einem bei der Laustärke gar nichts anderes übrig. Und der Kleine? Der sitzt brüllend dazwischen auf dem Boden.
Bei all dem Lärm machen wir uns mal ein Feuerchen an. Es ist noch schön warm heute Abend, also gibt es Bohnenpfanne und Kartoffeln vom Grill. Die Kombi schmeckt richtig lecker und alles ist ratzfatz aufgegessen. Wir bleiben noch draußen, bis es langsam dunkel wird. Jetzt noch spülen, etwas aufräumen und dann geht’s ins Bett.
Samstag, 02.07.2022 Fahrt in den Pancake Bay Provincial Park
Die Nacht war ruhiger als erwartet. Familie Schreihals ist erst gegen 7 Uhr wieder wach und mit ihr alle umliegenden Stellplätze. Wir bleiben noch etwas liegen, denn heute steht außer Weiterfahren nicht viel auf dem Programm. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und machen uns auf den Weg Richtung Lake Superior. Unser Halt für die nächste Nacht ist der Pancake Bay Provincial Park.
Unser erster Stopp für heute ist Tim Hortons in Sault Ste. Marie. Nach einer Woche Kanada das erste Mal Timmies, so lange brauchen wir für gewöhnlich nicht. Ich freue mich auf Donuts in allen möglichen Varianten doch was sehe ich – oder eben nicht? Keine Donuts im Regal. Nicht ein einziger. Im Hintergrund hinter der Theke steht eine junge Dame, die ganz gemächlich einzelne Teigringe glasiert, in rosa und braun aber nichts ist mit der Vielfalt der vergangenen Jahre. Immerhin gibt es drei gefüllte Angebots- Donuts. Ich bringe Mike zum Kaffee einen S´mores Donut mit, ich selbst nehme einen Blaubeer-Muffin. Bin stark enttäuscht.
Da wir seit ein paar Tagen nicht mehr eingekauft haben und ich ja wieder darf, halten wir hier beim Walmart in St. Sault Marie, der letzten großen Stadt bis Thunder Bay. Ich brauche Lebensmittel für die nächsten 8 Tage. Vor allem Wasser fehlt, dazu Getränke, Obst, Gemüse, Brot und natürlich Hustensaft, Nasenspray und Co. Corona, Inflation und Lieferengpässen scheinen sich auch hier in Kanada bemerkbar zu machen. Viele Dinge, die ich in den Jahren zuvor immer eingekauft habe sind nicht mehr zu kriegen, einige Regale sind zusammengeschrumpft und die pharmacy ist regelrecht geplündert. In den Regalen für Erkältungs- und Grippemittel ist fast nichts mehr zu finden, die sind so gut wie leer. 216 Dollar möchte die Dame an der Kasse von mir haben. Das geht tatsächlich noch für den Großeinkauf. Danach müssen wir tanken, das ist dann nochmal deutlich teurer. Mike versucht unterdessen, unser Datenvolumen wieder aufzuladen. Eigentlich sollte es laut deutschem Vertrag kein Problem mit Internet und Co. in Kanada geben, doch seit dem 01. Juli ist das Guthaben nicht neu aufgeladen. Ein paar Gespräche mit Deutschland später haben wir wieder WLAN. Sehr gut so.
Jetzt geht die Fahrt entlang des Lake Superior. Die Landschaft hat sich verändert, es wird bergiger und die Straße geht ordentlich hoch und runter. Schön ist es hier mit immer wieder großartigen Ausblicken auf den Lake Superior.
Am frühen Abend kommen wir am Pancake Bay Provincial Park an. Der Campingplatz liegt langezogen direkt am Trans- Kanada- Highway und die erste Reihe Zelte scheint fast auf dem Seitenstreifen zu stehen. Unser Stellplatz liegt zum Glück zwei Reihen zurückversetzt mitten im Grünen unter Birkenbäumen. Der Stellplatz ist so zugewuchert, im Wohnmobil ist es so dunkel, als wäre es später Abend. Dafür ist er ruhig und sauber.
Der Pancake Bay Provincial Park ist bekannt für seinen kilometerlangen Sandstrand und genau da gehen wir jetzt noch hin. Der Weg vom Stellplatz aus ist nicht weit und wir begegnen niemandem. Es ist ganz schön kühl, selbst mit Jacke und so drehen wir nur eine kurze Runde, dann geht’s zurück ins Wohnmobil. Zum Abendessen gibt’s Mac´n Cheese, danach geh ich ins Bett. Ich bin hundemüde, gute Nacht.
Sonntag, 03.07.2022 Fahrt in den Lake Superior Provincial Park
Ich glaube, wir sind letzte Nacht eingefroren. Obwohl wir mit drei Decken geschlafen haben ist es ohne Heizung eiskalt im Wohnmobil. Ich habe noch nie so einen kalten Sommer in Kanada erlebt.
Als ich aufwache erschrecke ich mich selbst- es ist 10:30 Uhr. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so lange geschlafen habe. Die 12 Stunden Schlaf schien der Körper zu brauchen. Um uns herum sind schon alle in Aufbruchstimmung und wir beschließen, in der Day Use Area des Campimgplatzes zu frühstücken, da gibt es einen kleinen Parkplatz mit Blick direkt auf Strand und Wasser. Vorher halten wir am Waschhaus. Die Duschen sind sauber und das heiße Wasser ist toll. Außerdem habe ich hier Strom für meinen Fön. So kann ich mich mit trockenen Haaren zum Frühstück nach draußen setzen. Es gibt Bagel mit Basilikumpaste und Käse, dazu Tee und Kaffee. Das alles bei strahlendem Sonnenschein und einer wunderschönen Aussicht.
Die Strecke für heute ist kurz, wir müssen nur 120 Kilometer weiterfahren. Auch heute geht es wieder bergauf und bergab in einer wunderschönen Landschaft. Direkt am Trans-Kanada-Highway gibt es kleine Parkplätze an besonders schönen Aussichtspunkten und so halten wir unterwegs zweimal kurz an.
Mittlerweile haben wir den Lake-Superior-Provincial-Park erreicht, der Trans-Kanada-Highway führt mitten durch ihn hindurch. Der Park selbst ist ziemlich groß, bietet zwei Campingplätze und verschiedene Wanderwege sowie Picknickplätze direkt am Wasser. Für die nächsten zwei Nächte stehen wir auf dem nördlicheren der beiden Campingplätze, dem Rabbit Blanket Lake Campground. Kurz bevor wir dort ankommen, halten wir nochmal an einem Parkplatz. Von hier aus geht ein Wanderweg zu alten Petroglyphen. Die kanadischen Ureinwohner haben hier vor vielen, vielen Jahren Zeichnungen und Abbildungen auf einen großen Felsen direkt am Ufer gemalt, die auch heute noch zu erkennen sind. Der Weg dahin ist nicht ganz einfach. Es geht steil bergab über dicke Steine und Wurzeln mitten durch den Wald. Am Ufer angekommen muss man über Klippen und Felsen bis zu den Zeichnungen weitergehen. Der Weg ist nur bei niedrigerem Wasserstand im Sommer begehbar und auch jetzt hängen die Ketten und Seile zum Festhalten nicht umsonst da. Es ist stellenweise ganz schön glitschig und wenn man ausrutscht landet man unweigerlich im kalten Wasser des Lake Superior. Laut Hinweisschild gab es hier schon Tote und Verletzte.
Die Petroglyphen sind tatsächlich noch erstaunlich gut zu erkennen, doch warum haben sich die Menschen damals keine einfachere Stelle dafür ausgesucht? Die müssen sich doch auch dafür in Lebensgefahr gebracht haben.
Der Weg zurück ist genauso steil wie der bergab, nur jetzt eben alles bergauf. Wir merken die Nachwirkungen von Corona in den Knochen und obwohl der Weg hin und zurück nur 800 Meter lang ist, reicht das für heute. Wir fahren die letzten Meter bis zum Campingplatz weiter. Dort angekommen stellen wir fest, dass unser Stromkabel definitiv zu kurz ist und nicht bis zum Stromkasten reicht. Mike parkt das Wohnmobil hin und her, vorwärts, rückwärts, schräg, fast in die Büsche, es hilft alles nicht. Wir fahren wieder nach vorne zur Anmeldung und dort geben sie uns ein Verlängerungskabel mit. Juhuuu, doch Strom für uns. Leider passt der Stecker der Verlängerung nicht an den Stromkasten. Was haben die uns denn da mitgegeben? Also wieder zurück nach vorne. Zum dritten Mal zur Anmeldung. Wir kriegen ein anderes Kabel und dieses Mal passt der Stecker auch.
Der Campingplatz liegt direkt an einem kleinen See und da die Sonne so schön scheint setzten wir uns auf eine Bank direkt am Ufer. Hier ist es angenehm warm und es gibt keine Mücken. Wir schauen einem Vater zu, der versucht seinen beiden Kleinen Kanufahren beizubringen. Ein anderer Mann angelt. Es ist friedlich, die Sonne scheint, was wollen wir mehr… Über eine Stunde sitzen wir hier rum, dann machen wir uns auf den Rückweg, das Abendessen ruft.
Es ist mittlerweile 18 Uhr und wir haben Hunger. Mike schneidet alles an Gemüse, was langsam weg muss und ich bastel daraus eine Nudelsauce. Nudeln gehen immer. Wir setzten uns zum Essen nach draußen bis uns die Mücken zu viel werden. Nach dem Essen noch eben spülen, danach setze ich mich ans Rätselheft. Das mache ich zu Hause nie, hier im Urlaub kann ich mich gut damit beschäftigen. So wird es langsam dunkel, wir machen eine Runde zum Waschhaus und danach geht’s mit Laptop und Serie ins Bett. Heute nur mit zwei Decken und Heizung. Denn wir haben ja Strom.
Montag, 04.07.2022 Lake Superior Provincial Park
Die Nacht war unruhig, weil laut. Die Heizung macht unglaublich Lärm aber wir wollten nicht schon wieder so frieren müssen. Dafür gings mit dem Husten deutlich besser.
Um kurz nach 9 Uhr stehen wir auf und gehen zum Duschhaus. Die Duschen sind sauber aber alt und etwas ranzig. Die Fliesen fallen zum Teil von den Wänden. Schön ist anders aber das Wasser ist warm und tut gut. Wir frühstücken und überlegen, was wir heute machen wollen. Eigentlich ist seit gestern Abend Regen angesagt aber heute Morgen scheint uns die Sonne durch ein paar kleine Wolken entgegen. Wir beschließen ein paar Kilometer nördlich zur Old Women´s Bay zu fahren, hier soll es einen schönen Strand und eine hübsche Day Use Area geben.
Als wir mit unserem Wohnmobil dort parken, spricht uns direkt eine Frau an. Woher wir kommen, was wir vorhaben, welche Route wir fahren. „Ach, ihr durchquert Kanada? Das haben wir auch schon gemacht.“ Als ich frage, wie lange sie unterwegs waren sagt sie: „5 Tage“. Upps, das wäre mir dann doch etwas zu kurz und zu schnell.
Der Sand hier am Ufer ist wunderbar warm und wir legen uns mit der Picknickdecke an den Strand, spielen Kniffel, gehen etwas am Wasser hoch und runter… so vergeht der Tag bis zum Nachmittag.
Langsam zieht es sich immer mehr zu und mit den Wolken wird es merklich kühler. Wir packen zusammen, denn zum Rumliegen ist es uns jetzt zu kalt. Wir fahren zurück zum Campingplatz, kochen, spielen Phase 10 und nochmal Kniffel und ich schreibe am Reisebericht weiter. Als es langsam dunkel wird setzt auch der Regen ein. Wir machen noch eine schnelle Runde zum Waschhaus, dann verkriechen wir uns ins Bett und gucken unsere Serie weiter.
Dienstag, 05.07.2022 Fahrt zum Neys Provincial Park
Die ganze Nacht über hat es geregnet und auch jetzt am Morgen tropft es weiter vom Himmel. Wir machen es uns heute früh noch etwas im Bett gemütlich und hören den Regentropfen zu, die aufs Dach trommeln. Als der Regen etwas nachlässt gehen wir Duschen, danach gibt’s Käsetoast und Apfel zum Frühstück. Spülen, sauber machen, Müll weg und dumpen, danach geht’s weiter. 250 Kilometer stehen heute auf dem Programm bis in den Neys Provincial Park am Nordufer des Lake Superior.
Unser erster Stopp auf der Strecke ist Wawa, ein kleiner Ort direkt am Trans-Kanada-Highway gelegen. Der Ort diente im Zweiten Weltkrieg als Strafgefangenenkolonie für deutsche Soldaten. Diese mussten während ihrer Gefangenschaft eine vorgegebene Menge Holz schlagen, ansonsten durften sie sich frei bewegen. Nach Ende des Krieges wurden alle Soldaten nach Deutschland zurückgeschickt, viele kamen jedoch zurück und blieben.
Einen zweiten Stopp legen wir in White River ein. Hier ist die Geschichte von Winnie the Poo entstanden also darf ein Denkmal für den kleinen gelben Bären natürlich nicht fehlen. Viel mehr hat der Ort allerdings auch nicht zu bieten also kommen wir schnell weiter.
Die Straße schlängelt sich durch die schöne Landschaft, es ist nicht viel los und wir kommen mit unseren erlaubten 90km/h gut voran. In der Stadt Marathon fahren wir ein letztes Mal ab, hier soll es einen schönen Kieselstrand geben. Der Parkplatz für den Strand ist ziemlich voll. Überall sind Männer in und an Autos unterwegs, Autos kommen, Autos gehen. Aber niemand geht zum Strand. Irgendwie kommt uns das alles seltsam und nicht ganz geheuer vor. Wir beschließen, das Wohnmobil mit all unseren Sachen hier nicht unbeaufsichtigt stehen zu lassen und fahren weiter. Die Straße führt jetzt durch Terrace Bay, einen kleinen Ort, der so viel schöner ist als Marathon. Gepflegte kleine Holzhäuser mit hübsch angelegten Gärten. Dass ihre Häuser direkt an der Autobahn liegen stört die Kanadier nicht.
Am frühen Abend erreichen wir den Neys Provincial Park. An dessen Zufahrt überqueren wir Bahngleise. Mir schwant böses: Beim Planen haben wir dieses Mal überhaupt nicht auf die Lage der Campingplätze zu Bahngleisen und lauten Straßen geachtet. Und dieser Campingplatz hat direkt beides im Rücken: Den Trans-Kanada- Highway und die Bahngleise der Canadian Railway. Oh, oh.
Eigentlich hatten wir im Vorfeld einen Stellplatz ohne alles reserviert, denn alle Plätze mit Strom waren bereits ausgebucht, aber heute haben wir Glück: Mike fragt an der Rezeption nach, ob vielleicht noch ein Stellplatz mit Strom zu kriegen wäre und siehe da- ein einziger ist noch frei. Der gehört jetzt für die nächsten zwei Tage uns. Der Campingplatz ist super langgezogen und wir müssen ein bisschen bis zu unserem Stellplatz durchfahren. Links von der Straße hat man freien Blick auf Strandgras, Sandstrand und das Wasser. Sieht sehr schön aus. Am Stellplatz angekommen haben wir wieder das Problem mit dem Stromkabel. Es ist wieder zu kurz und egal wie weit Mike vor oder zurück parkt, da ist nichts zu machen. Also wieder ab nach vorne zur Rezeption und auch die kennen das Problem scheinbar schon, denn ein Verlängerungskabel ist schnell zur Hand. Damit klappt es jetzt auch wieder mit dem Stromanschluss.
Mittlerweile ist früher Abend. Draußen tanzen die Mücken in Unmengen. Nicht nur ein paar, das ist eine Massenveranstaltung vor unserer Tür. Da wir so nicht draußen sitzen können gehen wir zum Strand. Schnell Tür auf, Tür zu und aus dem Wagen gesprungen.
Der Weg zum Strand ist etwas weiter, die Übergänge vom Campingplatz zum Strand sind rar gesät aber irgendwann haben wir einen Weg gefunden. Der Strand ist kilometerlang und voller Treibholz. So viel angeschwemmtes Holz habe ich noch nie gesehen. Ganze Baumstämme liegen im Sand verteilt und im Bereich der Brandung liegt Rindenmulch. Wir gehen eine Weile den Strand entlang, denn hier ist es mückenfrei.
Irgendwann drehen wir um und gehen zurück Richtung Wohnmobil. Der Hunger ruft. Ich koche grünen Spargel mit Nudeln (was sonst?). Es ist schon spät geworden und nach dem Spülen fallen wir gegen 23 Uhr ins Bett.
Mittwoch, 06.07.2022 Neys Provincial Park
Heute schlafen wir mal wieder etwas länger. Hatte ich schon die eiskalten Nächte erwähnt? Selbst die Kanadier sagen, dass es diesen Sommer extrem kalt ist. Ohne Heizung und vorgewärmtes Wohnmobil steige ich nicht aus dem Bett.
Während wir frühstücken, es gibt Bagel mit Käse und einen Apfel dazu, gucken wir nach kurzen Wanderwegen. Längere Strecken sind noch nicht möglich aber kürzere Runden gehen langsam wieder. Wir finden zwei Strecken für uns und nach dem üblichen Aufräumen und Saubermachen fahren wir los. Vom Stellplatz aus sind die Wege zu weit entfernt, also parken wir das Wohnmobil an einem Parkplatz direkt am Strand und gehen los. Der erste Wanderweg ist 1,3 Kilometer lang und trägt den Namen „Dune“. Es geht in den Wald hinein, etwas bergauf und bergab, mal mit mehr und mal mit weniger Bäumen am Rand aber immer mit vielen Mücken um uns herum. Aber wo sind die Dünen? Ok, der Boden ist sandig aber das ist auch schon das Dünenähnlichste auf diesem Wanderweg. Auf einer Lichtung wachsen wunderschöne lila Blumen, von der Art her scheinen es Orchideen zu sein. Schnell ein paar Fotos machen, denn lange stehen bleiben geht nicht, die Mücken fallen über uns her. Den Rest des Weges marschieren wir im Laufschritt ab. Danach sind wir erstmal fertig.
Im Wohnmobil ruhen wir uns einen Moment aus und machen uns dann auf zum zweiten Wanderweg – „Point Trail“ genannt. Dieser führt zuerst durch den Wald, dann kurz am Strand vorbei und endet auf einem erhöhten Felsbereich direkt am Wasser. Auf den Felsen liegen seit den 1940er Jahren Überreste alter Holzschiffe, die früher für den Holztransport auf den großen Seen benutzt wurden. Mittlerweile sind sie gut verwittert und nur noch ansatzweise als Schiffe erkennbar. Hier auf den Felsen in der Sonne ist es angenehm warm und ohne den kühlen Wind kommen einem die 16 Grad tatsächlich sommerlich vor. Auch die Aussicht ist herrlich und so bleiben wir, bis wir auch hier von Mücken verscheucht werden. Da der Weg dieses Mal kein Rundweg ist, führt uns der Rückweg auf bekannter Strecke nach 3 Kilometern zum Wohnmobil zurück.
Wir haben noch Kuchen übrig, den wir uns jetzt erstmal gönnen. Ist ja schließlich schon fast halb vier.
Da die Sonne scheint und es am Strand keine Mücken gibt, nehmen wir unsere Campingstühle und setzten uns an die Wasserkante. Mike liest ein Buch und ich genieße die Sonne und das leise Geräusch der an den Strand klatschenden Wellen. Was braucht man mehr? Anderthalb Stunden sitzen wir hier, dann wird es doch etwas kühl und wir müssen uns etwas bewegen. Wir gehen noch einmal der Strand hoch und runter, bei dessen Länge von mehreren Kilometern findet sich hier immer ein interessanter Abschnitt.
Auf dem Rückweg sammeln wir die Stühle wieder ein, packen im Wohnmobil zusammen und kehren zu unserem Stellplatz zurück. Im Kühlschrank warten noch Reste darauf, aufgegessen zu werden. Danach geht’s auch schon wieder ins Bett, Serie gucken, einschlafen- gute Nacht für heute.
Donnerstag, 07.07.2022 Fahrt in den Sleeping Giant Provincial Park
Die Nacht war kalt angesagt und zur Vorsicht habe ich mir mal lieber dicke Socken angezogen aber dass über Nacht Winter werden würde hatte mir niemand gesagt. 4 Grad sind es draußen und gefühlt auch nicht viel mehr im Wohnmobil. Es ist sooo kalt. Trotz Pullover, Socken und zwei Decken friere ich abartig. Seit Corona ist mir schnell kalt und jetzt werde ich einfach nicht mehr warm. Die Heizung muss mehrere Runden drehen, um die Temperatur auf angenehm zu kriegen. Draußen scheint die Sonne, wir machen uns fertig und nach dem Frühstück auf den Weg. Unser Ziel für heute ist der Sleeping Giant Provincial Park, wieder etwa 250 Kilometer weiter im Nordwesten des Lake Superior gelegen. Auf dem Weg soll es ein paar Sehenswürdigkeiten geben, die wollen wir uns natürlich angucken. Der erste, wohl sehenswerte Stopp ist ein kleiner Leuchtturm in der Stadt Marathon (ja, die heißt wirklich wieder so) doch im vorbei fahren entdecken wir nur einen kleineren weiß-roten Leuchtturm direkt neben einem Motel an der Autobahn. Dafür halten wir nicht an und fahren daran vorbei. Der zweite Stopp ist am Aguasbon River Gorge, einem Wasserfall in einer Schlucht. Vom Parkplatz sind es nur wenige Meter bis zur Aussichtsplattform und hier lohnt sich das Rausfahren wirklich. Der Blick über die Schlucht bis auf den Lake Superior ist wunderschön und ist definitiv einen Stopp wert.
Unseren dritten Stopp legen wir in Nipigon ein, nur wenige Meter vom Highway entfernt. Hier gibt es eine Aussichtsplattform, die laut Werbetafel einen wunderschönen Ausblick über die Wälder bietet. Wir kraxeln die Stufen und mehreren Etagen zur Aussichtsplattform hoch – und suchen die Wälder. Zur einen Seite hat man einen direkten Blick auf den örtlichen Friedhof, zur anderen Seite auf den Trans- Kanada- Highway und eine recht imposante Autobahnbrücke.
Etwas ernüchtert steigen wir wieder die Treppen runter. Ab ins Wohnmobil und weitergefahren. Den letzten Stopp übersehen wir. Im Örtchen Schreiber gibt es wohl einen hübschen Kieselstrand, der ist auch ausgeschildert aber wir finden keine Ausfahrt dafür. Ok, dann direkt weiter zum Campingplatz.
Vom Trans-Kanada-Highway aus geht es noch fast 40 Kilometer auf eine Landzunge, die weit in den Lake Superior ragt. Hier sind wir so weit abgeschieden, hier gibt es nichts, nicht mal Telefon- oder Internetempfang.
Der Campinplatz liegt am Marie-Louise Lake, einem ziemlich großen Binnensee. Wir beziehen unseren Stellplatz gegen 17 Uhr, doch die Mücken machen es unmöglich, sich nach draußen zu setzen. Da es in Wassernähe meist besser wird, drehen wir noch eine Runde über den riesigen Campingplatz, kommen am Strand und am bereits geschlossenen Visitor Center vorbei und kehren nach einer guten Stunde wieder zum Wohnmobil zurück.
Jetzt wird Abendessen gekocht: Es gibt Thunfisch-Nudeln. Die sind lecker, die Portion riesig und die Müdigkeit danach nicht mehr zu unterdrücken. Da man ja in einem Wohnmobil ständig aufräumen muss, um nicht im eigenen Chaos unterzugehen erledigen wir das schnell noch, danach geht’s ins Bett. Zur Vorsicht wieder mit dicken Socken.
Freitag, 08.07.2022 Sleeping Giant Provincial Park
Die Nacht war richtig gut. Kühl, aber nicht kalt und ich habe richtig gut geschlafen. Mike neben mir schläft sowieso gut, den bringt so schnell nichts um seinen Schlaf. Wenn der einmal schläft, kriegt er auch nichts mehr mit. Heute früh scheint die Sonne vom blauen Himmel und wir starten den Morgen mit einem Gang zum Duschhaus. Dort angekommen wird gerade geputzt und wir müssen warten. Gut eigentlich, denn dann haben wir gleich frisch geputzte Duschen. Wir setzen uns auf die Bank vor dem Gebäude und schon kommt ein Mann auf uns zu: „Are you the Rental RV?“ Ja, sind wir. Er fragt woher wir kommen, wohin wir wollen, was wir sonst noch vorhaben, es entwickelt sich ein nettes Gespräch. Die Duschen sind längst fertig geputzt als er uns von einer seiner längeren Touren erzählt: 12000 Kilometer durch den Norden Kanadas, davon 200 Kilometer über die Ice Roads. Dagegen sind unsere Touren ja regelrechte Kurztripps. Die Kanadier legen in ihren Urlauben unglaubliche Strecken innerhalb kürzester Zeit zurück, da sind 600-1000 Kilometer pro Tag völlig normal. Das ist uns dann doch zu stressig, wir reisen lieber langsam.
Irgendwann schaffen wir es unter die Dusche, frühstücken fast gegen Mittag und wollen dann zwei kleine Wanderwege gehen. Der erste liegt ein paar Fahrminuten vom Campingplatz entfernt, also fahren wir erstmal zu dem passenden Parkplatz. Von dort aus führt ein steiniger Weg in den Wald hinein, die weiteren 2,5 Kilometer des „Sea Lion Trail“ klettern wir über Wurzeln und große Steine bis wir zu einem Felsbogen kommen, von dem der Weg seinen Namen hat. Früher sah es so aus, als wenn ein Seelöwe aufs Wasser hinausschauen würde, doch mittlerweile ist dem Seelöwen der Kopf abgebrochen und nur noch der Felsbogen übriggeblieben. Sieht aber auch ohne Kopf gut aus. Es ist ganz schön warm geworden und hier auf der Lichtung fangen wir schnell an zu schwitzen. Also zurück in den Wald. Auf dem Rückweg gehen wir zum am Wegrand gelegenen Kieselstrand und Mike lässt ein paar flache Steine übers Wasser flitschen. Meine Steine gehen immer mit einem lauten Platsch unter.
Auf dem Rückweg zum Parkplatz kommen wir über eine kleine Holzbrücke, die über einen Bach führt. An dieser Brücke schwirrt die Luft vor Schmetterlingen und auch am Ufer sitzen sie. Hier muss es irgendwas Gutes für die geben.
Zurück am Parkplatz machen wir große Augen. Hier steht ein riesiges Weltreisemobil, ein Monster von einem Fahrzeug. Alle zum Parkplatz kommenden Leute müssen sich das erstmal angucken, einige machen Fotos. Hier in Kanada fahren zwar auch Riesengefährte durch die Gegend aber so ein Weltreisemobil sieht man auch hier nicht alle Tage.
Wir fahren weiter zum südlichsten Zipfel der Halbinsel. Hier gibt es eine Sommersiedlung, sehr hübsch am Wasser gelegen, mit kleinem Strand und wunderschönen, gepflegten kleinen Holzhäusern. Vor den Häusern blühen Blumen in den Gärten und die schmale Straße schlängelt sich idyllisch direkt am Ufer entlang. Es ist wunderschön hier. So weit ab vom Schuss hätte ich nicht mit einer kompletten kleinen Wohnsiedlung gerechnet. Laut Aushang sind auch noch Grundstücke zu verkaufen…
Die Straße führt in einem Rundbogen wieder Richtung Norden. Auf dem Weg zurück zum Campingplatz halten wir für den zweiten Wanderweg, den kürzesten im ganzen Provincialpark. Er ist ganze 600 Meter lang und führt über einen ebenen Weg zu einer Brücke über einen kleinen Wasserfall.
Der Weg ist schnell abgelaufen, reicht mit der Kletterei von gerade aber auch schon wieder für heute. Obwohl wir von Kopf bis Fuß mit Off! eingesprüht sind, nerven die Mücken heute wieder. Irgendwas Geflügeltes fliegt immer um einen rum und sticht oder beißt. Da haben wir keine Lust mehr drauf und kehren zu unserem Stellpatz zurück. Mike ist derart von Bremsen attackiert worden, auf seiner Hose haben sich am Schienbein zwei große Blutflecken gebildet. Ich muss sowieso Wäsche waschen, da kann die Hose dann direkt mit rein. Ich packe die schmutzige Wäsche zusammen und ziehe mit meiner vollgepackten Ikea-Tasche zur Waschmaschine. Mike spannt sich unterdessen die Hängematte auf und liest. Die Wäsche braucht eine halbe Stunde, dann kann ich die meisten Teile in den Trockner geben. Leider ist nicht alles trocknergeeignet und so müssen ein paar Teile auf die Leine.
Mittlerweile ist es 18 Uhr und es wird Zeit zum Feuer machen. Mike hackt das Holz in passende Stücke und zündet den Grill fürs Abendessen an. Leider ist die Wäsche nicht wirklich trocken geworden und wenn jetzt der Rauch vom Grill kommt muss die Wäsche weg. Mir fällt nichts anderes ein, als im Wohnmobil zwei Leinen zu spannen und die Hosen und Pullover dort aufzuhängen.
Mike guckt unterdessen, dass die Kartoffeln im Feuer und die Speck-Paprikapfanne obendrauf fertig werden. Wir decken den Tisch draußen aber als wir anfangen wollen zu essen schwirrt die Luft voller kleiner Viecher. Man kann nicht mal den Mund aufmachen, ohne eins der Viecher mit zu verschlucken. Schnell räumen wir alles rein und ziehen um ins Wohnmobil. Heute gibt es Abendessen unter Wäscheleinen. Den Rest des Abends spielen wir Kniffel, gehen wegen dem ganzen Insektenspray ein zweites Mal duschen, dann geht’s wiedermal mit Laptop ins Bett. Eine Folge Serie gucken, dann bin ich weg.
Samstag, 09.07.2022 Fahrt in den Quetico Provincial Park
Heute geht’s 250 Kilometer weiter Richtung Westen. Obwohl der Sleeping Giant Provincial Park landschaftlich sehr schön ist haben uns die vielen Mücken, Bremsen, etc. den Aufenthalt doch ziemlich verleidet und der Abschied fällt hier nicht allzu schwer. Wir duschen, frühstücken, packen zusammen und fahren zuerst fast 40 Kilometer Richtung Norden, um überhaupt auf den Trans- Kanada-Highway zurück zu kommen. Hier oben haben wir wieder Telefon- und Internetempfang, daher rufen wir erstmal Maya zu Hause an. Der geht’s gut, dann geht’s auch uns gut. Unser erster Halt heute ist der Walmart in Thunder Bay. Der Parkplatz wirkt ziemlich ungepflegt und dreckig, überall liegt Kram rum, die Einkaufswagen werden einfach umgeworfen auf dem Parkplatz liegen gelassen. Der Walmart selbst ist ziemlich klein und hat auch nicht alles, was wir eigentlich holen wollten aber alles, was wir brauchen. Ein bisschen Gemüse, Salat und Getränke, viel mehr ist nicht im Einkaufswagen, als wir zur Kasse rollen. Schnell das Wohnmobil einladen, denn schön ist es hier definitiv nicht.
Von Thunder Bay aus fahren wir zu den Kakabeka Falls. Diese liegen in einem Provincialpark und wir müssen Eintritt zahlen. Es gibt verschiedene Stundenpakete. Uns reichen zwei Stunden, die uns 5,25 Dollar kosten. Bereits auf dem Parkplatz merken wir, dass das hier ein Touristenmagnet ist. Es ist unglaublich voll, so viele Menschen habe ich seit Toronto nicht mehr gesehen. Die Leute sitzen mit Kühltaschen und kompletter Großfamilie an den Tischen und Bänken der Picknick Area. Die wissen schon, warum, denn hier ist es richtig schön. Über ein gut ausgebautes System aus Holzwegen, Treppen und Aussichtsplattformen hat man auf der einen Seite einen tollen Blick auf die Wasserfälle, auf der anderen Seite auf die Schlucht, durch die sich die Wassermassen ihren Weg bahnen. An der Gesteinskante ergießen sich die Wassermassen lautstark in die Tiefe, es dröhnt und die Luft ist voller kleiner Wasserperlen. Nur ein paar Meter weiter wird es merklich ruhiger. Sowohl von der Lautstärke her als auch vom Wasserfluss. Wie gesagt, schön ist es hier und der kleine Abstecher vom Highway lohnt absolut.
Jetzt geht es weiter bis zu unserem Campingplatz im Quetico Provincial Park. Wir stehen auf dem Dawson Trail Campground und dieser Teil des Platzes ist langezogen, übersichtlich groß und unser Stellplatz ist riesig. Wir haben zum ersten Mal in diesem Urlaub einen Stellplatz, auf den man vorne rein und hinten direkt wieder rausfahren kann, ohne rückwärts setzen zu müssen. Sehr praktisch. Wir stehen auf sandigem Untergrund mit ein paar kleinen Bäumen um uns herum, haben eine Feuerstelle und Mike hat am Eingang Feuerholz mitgebracht. Es ist angenehm warm und die Mücken sind wie weggeblasen. Wir drehen noch eine kleine Runde über den Campingplatz, gehen kurz an den See und zünden dann das Feuer fürs Abendessen an. Es gibt eine Tomaten-Basilikum-Pfanne, Ofenkartoffeln und Fladenbrot. Während wir gemütlich am Feuer sitzen läuft plötzlich eine Schildkröte über den leeren Stellplatz neben uns. So eine habe ich hier auch noch nicht gesehen. Wir beobachten sie ein bisschen, dann verschwindet sie im Gebüsch. Wir essen in Ruhe zu Ende und als die Sonne untergeht wird es merklich kühler. Da dies die Mücken wieder zum Vorschein bringt, verziehen wir uns nach drinnen. Mike liest, ich spiele was am Handy rum, darüber wird es dunkel und wir müde. Wie immer jetzt noch schnell spülen und aufräumen, dann geht’s ins Bett.
Sonntag, 10.07.2022 Quetico Provincial Park
Über Nacht hat es ordentlich geregnet. Wir haben es im Schlaf nur ein bisschen gehört aber die Spuren im Sand sagen: Es hat gegossen. Es ist morgens schon schwül-warm und für den ganzen Tag sind immer wieder Gewitter angesagt. Wir gehen duschen, machen uns fertig und frühstücken Toast mit Rührei und Käse. Danach machen wir den Wagen fahrbereit, denn wir müssen zur Dumpstation, Abwasser wegbringen und Frischwasser auffüllen. Jeder Campingplatz hat so eine Dumpstation, die jedoch immer etwas weiter von den Stellplätzen weg liegt. Wer will so eine Klärgrube auch schon neben sich haben?
An der Dumpstation angekommen stellen wir uns erstmal in die Schlange, wir hatten wohl nicht als einzige die Idee, hier vorbei zu kommen. Vor uns warten ein großes Gespann und ein Wohnmobil mit französischem Kennzeichen. Das Gespann gehört einem netten Ehepaar, dass Mike sofort wieder auf unser offensichtlich geliehenes Wohnmobil anspricht. Sie wundern sich über das europäische Kennzeichen an dem einen Wohnmobil und wollen wissen, warum sich einige Europäer Wohnmobile ausleihen während andere ihr eigenes über den Atlantik verschiffen. Da wir uns auch schon mit der Verschiffung eines eigenen Wohnmobils beschäftigt haben, erklärt Mike, dass es von der Dauer des Aufenthalts in Kanada abhängt, ob sich eine Verschiffung oder eine Ausleihe lohnt. Plant man einen Aufenthalt von über drei Monaten und hat bereits ein eigenes Wohnmobil, dann lohnen sich die Kosten der Verschiffung.
Nachdem wir mit dem Dumpen fertig sind, fahren wir an den kleinen, aber sehr hübschen Strand der Day Use Area. Dicke graue Wolken türmen sich am Himmel und in der Ferne hört man es Grummeln. Wir setzen uns noch eine Weile auf eine der Bänke und während um uns herum die Leute ihre Kinder aus dem Wasser holen und ihre Siebensachen zusammenpacken bleiben wir noch etwas sitzen. Zum einen ziehen die Wolken in die andere Richtung, zum anderen sind wir ganz schnell zurück im Trocknen.
Es bleibt tatsächlich beim Donnern in der Ferne, so dass wir den Strand ganz für uns allein haben. Hier lässt es sich schön sitzen. Als das Gewitter endgültig abgezogen ist, fahren wir den kurzen Weg zum Visitor Center, parken dort und wollen einen dort beginnenden kurzen Wanderweg gehen. Obwohl wir beide mit Off! eingesprüht sind, drehen wir nach 50 Metern um. Überall sind Mücken. Überall. In den Haaren, im Gesicht, auf der Kleidung. Die lassen sich dieses Jahr nicht mal von Insektenschutzmitteln abhalten. Blöde Viecher. Wir laufen schnell zum Visitor Center zurück, Tür auf und rein da. Hier sind wir erstmal mückensicher und es gibt eine kleine, interessante Ausstellung über das Leben der Indianer, wie sie Handel trieben und welche Bedeutung das Kanu dabei einnahm. Wie lesen uns die Erklärungen durch, danach holen wir uns ein Eis. Mike hat ein rot-weiß gedrehtes Eis und ich ein Minion-Eis. Das hat ein verrutschtes Auge, schmeckt nach irgendwas Undefinierbarem, ist aber schön kalt. Da wir keine Lust auf weitere Mücken haben fahren wir zurück zum Stellplatz. Mittlerweile ist es Nachmittag geworden und mich überkommt wieder die große Müdigkeit. Seit Corona bin ich an manchen Tagen unglaublich müde, mir fallen regelrecht die Augen zu. Ich setze mich mit der Switch vorne auf den Beifahrersitz, stelle die Lehne nach hinten und beim Spielen merke ich schon, wie ich einschlafe. Mike nimmt mir noch die Switch aus der Hand, dann döse ich auch schon weg. Es reicht nicht für einen richtigen Schlaf aber wach bin ich halt auch nicht. Während Mike liest döse ich eine Stunde vor mich hin, dann geht’s wieder was besser und ich kann die Augen wieder offenhalten. Draußen ist es immer noch schön warm und die Mücken lassen uns in Ruhe, also ziehe ich um und stelle mir meinen Campingstuhl in die Sonne. Hier werden wir wieder von einem Ehepaar auf unser Wohnmobil angesprochen: „Wir bewundern gerade euer Wohnmobil“. Wieder die Fragen woher wir kommen, wohin wir wollen, wie lange wir hier im Quetico- Park bleiben… und natürlich wieder ein netter Gruß zur Verabschiedung. Das können die Kanadier ja- nett sein, freundlich sein und einem immer ein nettes Wort mit auf den Weg geben. Da sind wir Deutschen ja eher nicht so bekannt für.
Auch heute Abend meinen es das Wetter und die Mücken gut mit uns und lassen uns draußen essen. Während wir am Tisch sitzen, kommen insgesamt vier Schildkröten über den Platz gelaufen. Zwei davon graben Löcher in den sandigen Boden und fangen an, ihre Eier in den warmen Sand zu legen. Das habe ich noch nie gesehen. Wieder ein erstes Mal hier. Toll.
Nach dem Abendessen folgt die übliche Abendroutine, dann geht’s ins Bett. Zum Glück haben wir noch ein paar Folgen unserer Serie zu gucken, denn dabei kann man abends super einschlafen.
Montag, 11.07.2022 Fahrt in den Sioux-Narrows-Provincialpark
Heute geht’s weiter in den Sioux-Narrows-Provincialpark. Da die Strecke bis nach Winnipeg in einem durch zu lang geworden wäre, hatten wir uns im Vorfeld für eine Unterbrechung etwa auf der Hälfte der Strecke entschieden.
Unseren schönen Stellplatz im Quetico-Park verlassen wir wirklich nur ungern. Wie immer hier schlafen wir auch heute wieder länger, frühstücken erst gegen 11 Uhr, sammeln dann alles zusammen und fahren los. Ein zweites Frühstück holen wir bei Tim Horton´s raus. Hier gibts jetzt auch wieder das gewohnte Sortiment.
Die Fahrt geht lange Zeit immer direkt an der Grenze zu den USA entlang. Einmal falsch abgebogen und wir sind in Minnesota. Das wollen wir möglichst verhindern doch das Navi spielt nicht so richtig mit, so dass wir uns mit google maps behelfen müssen. Klappt aber auch. Auf Höhe der Grenzstadt Fort Francis muss es länger und stärker geregnet haben. Die Stadt liegt an einem großen Seengebiet und hier steht alles unter Wasser. Einige Häuser haben schon keine Zufahrten mehr, andere Gebäude werden mit Mauern aus Sandsäcken gegen das Wasser geschützt. Über eine Länge von bestimmt 150 Kilometern zieht sich das so hin. Immer wieder stehen Gebäude unter oder zu nah am Wasser, in einem Ort ist auf einem großen Parkplatz ein Berg Sand aufgeschüttet, daneben liegen weiße Säcke, die aufs Befüllen warten. Dieses Jahr scheinen in Kanada ganze Landstriche abzusaufen. Wir haben ja auch schon gemerkt, dass es sehr nass ist aber hier ist es schon extrem.
Wir müssen heute nicht einkaufen und auf der Strecke gibt es nichts Sehenswertes, also fährt Mike direkt zu unserem Campingplatz durch, bzw. erstmal dran vorbei, denn die Beschilderung ist etwas sehr kurzfristig. Also umdrehen und wieder zurück. Auch dieser Provincialpark scheint viel Regen abgekriegt zu haben, außerdem wirkt er alt und wenig gepflegt. Die Stellplätze sind matschig und uneben, man kann das Wohnmobil gar nicht richtig gerade parken. Die Toiletten und Duschen möchten wir auch nicht benutzen. Dafür läuft über die Wiese ein Biber, der in Ruhe am Gras rumfrisst. Dieser Biber stellt sich im Nachhinein als Murmeltier raus, habe ich trotz Brille nicht erkannt und sehe es erst durchs Objektiv der Kamera. Ein Murmeltier hatten wir hier auch noch nicht.
Am Horizont türmen sich schon wieder die Wolken und der Wetterbericht warnt vor weiteren Gewittern später am Tag, also drehen wir lieber sofort unsere Runde über den Campingplatz. Wir gehen zum See, der auch bereits über die Ufer getreten ist und finden eine Bank direkt am, also fast im Wasser. Gerade scheint die Sonne und es ist schwül warm, da genießen wir den Platz am See. Hier gibt es keine Mücken also können wir es hier gut aushalten. In unserem Rücken türmen sich die Wolken immer weiter auf, es grummelt immer lauter und wir beschließen, zum Wohnmobil zurück zu kehren. Auf dem Rückweg sehen wir noch einen Buntspecht, der an einem Baumstamm nach Nahrung pickt.
Wir sind nicht zu früh am Wohnmobil angekommen, denn kaum haben wir die Tür hinter uns zu gemacht, kommt ein richtiger Wolkenbruch von oben runter. Es blitzt, donnert und der Wind fegt den Regen über den Stellplatz. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk erstmal vorbei, es sind aber weitere Gewitter angesagt. Die lassen auch nicht lange auf sich warten. Wieder schüttet es wie aus Eimern und der Donner knallt ordentlich. Muss ganz in unserer Nähe sein.
Im Laufe des Abends lassen die Gewitter nach, der Regen hört auf und es bleibt erstmal trocken. Raus wollen wir trotzdem nicht mehr, denn alles ist sumpfig und nass. Wir haben noch Reste zu essen, die machen wir uns warm, dann spielen wir Kniffel. Draußen wird es langsam dunkel und leider auch laut. Eine ganze Gruppe junger Leute zieht grölend über den Campingplatz und da unser Stellplatz direkt am einzigen Dusch- und Toilettenhäuschen liegt dauert es natürlich eine Weile, bis sie sich alle fertig gemacht haben. Irgendwann schlafen aber auch junge Leute ein. Da dieser Campingplatz so gar nicht meiner ist und ich mit hier nicht wirklich wohl fühle krieche ich ins Bett und versuche zu schlafen.
Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Es gab heute unterwegs doch noch was zu sehen, denn wir haben unseren ersten Schwarzbären gesehen. Der stand irgendwo auf freier Strecke am Straßenrand, leider zu weit weg, um ihn auf ein Foto zu kriegen. Es war ein etwas kleineres Exemplar, wahrscheinlich ein Weibchen, welches dann sehr schnell wieder im Wald verschwand.
Dienstag, 12.07.2022 Fahrt in den Winnipeg Beach Provincialpark
Die Nacht war ruhiger als erwartet aber der Platz gefällt uns auch heute noch nicht besser und so beschließen wir, ohne Frühstück los zu fahren und unterwegs eine schöne Stelle zum Frühstücken zu finden. Alle paar Kilometer ist an den Straßen ein Picknicktisch ausgeschildert nur heute Morgen kommt kein Schild für uns. Mike fährt und fährt- nichts zum Ranfahren dabei. Also halten wir erstmal bei Walmart in Kenora, wir müssen sowieso einkaufen und vielleicht gibt es ja noch was fürs Frühstück. Schon von außen wirkt dieser Walmart kleiner als andere und drinnen ist nicht viel zu holen. Es gibt keine Obst- und Gemüseabteilung, wir nehmen die letzten beiden Wassergallonen mit und auch die restlichen Regale sind ziemlich geplündert. Naja, dann müssen wir halt in Winnipeg nochmal kurz einkaufen. Frühstück haben wir jetzt aber immer noch nicht und es ist schon Mittag. In Kanada ist der nächste Tim Horton´s zum Glück nie weit, so auch hier nicht und wir holen zwei Sandwichs, eine kleine Box Timbits und zwei Bagel raus.
Und suchen beim Weiterfahren weiter nach einem schönen Platz. Den scheint es auf unserer Strecke heute nicht zu geben, denn plötzlich taucht ein Schild „province boundary“ auf mit dem Hinweis, dass wir gleich Ontario verlassen und nach Manitoba reinfahren. Hier an diesem Grenzübergang gibt es zumindest eine Art Autohof. Auf den fahren wir jetzt raus und frühstücken um 13 Uhr im Wohnmobil. Mit Blick auf einen riesigen Parkplatz und ein paar Lastwagen. Nicht unbedingt schön aber satt sind wir danach.
Weiter gehts Richtung Winnipeg. Das Navi leitet uns vom Trans-Kanada-Highway runter und führt uns über kaputte, mit Schlaglöchern übersäte Nebenstraßen. Im dichten Grün am Straßenrand sehen wir im Vorbeifahren einen Weißwedelhirsch. Ich warte immer noch auf die Abfahrt Richtung Winnipeg, zum Einkaufen, bis ich irgendwann merke, dass uns das Navi viel weiter nach Norden gelenkt hat und wir Winnipeg großräumig umfahren. Wir kommen also an gar keinem Walmart mehr vorbei. Oh, dann muss wohl das zum Essen reichen, was wir noch dabeihaben. Verhungern müssen wir auch damit nicht.
Gegen 16 Uhr kommen wir im Winnipeg Beach Provincialpark an. Wir haben einen Stellplatz direkt gegenüber von Dusche und Toilette auf der grünen Wiese.
Man merkt sofort die Nähe zum Strand, denn hier auf dem Campingplatz laufen viele Leute in Badesachen und Handtuch rum. Es ist angenehm warm und nachdem Mike den Wagen mit all seinen Anschlüssen versorgt hat, gehen wir zum Strand. Der ist schön nah und gut besucht. Wir stellen uns mit den Füßen ins Wasser, was super angenehm warm ist, und gehen durchs Wasser bis ans Ende des ersten Strandabschnitts. Danach ziehen wir uns die Schuhe wieder an und gehen auf der kleinen Promenade bis zu deren Ende. Obwohl das hier ja nur ein See ist, hat er ganz schön Wellengang. Die Wellen schlagen höher als an der Ostsee und hin und wieder kriegt man selbst auf der Promenade Spritzer an Schuhe und Hose. Nett ist es hier und gegen Abend sind immer noch viele Familien unterwegs.
Mike und ich gehen über die kleine Zufahrtsstraße wieder zurück. Hier gibt es einige kleine Eisläden und eine Pommesbude, die allerdings nicht sehr einladend aussieht. Wir gehen also zurück zum Wohnmobil und überlegen, was es zum Abendessen geben soll. Die Wahl fällt auf Spaghetti Bolognese und Gurkensalat. Das ist schnell gemacht und lecker doch leider vertragen weder Mike noch ich das Essen und sind den Rest des Abends damit beschäftigt, unsere Bäuche zu besänftigen.
Es ist mittlerweile 21:30 Uhr, als ich spüle und den Müll rausbringe. Obwohl die Duschen im Duschhaus ganz ok aussehen sind es doch Duschen, für die man extra bezahlen muss. Da wir heute das Glück von sämtlichen Anschlüssen haben, duschen wir schnell nacheinander im Wohnmobil. Das Wasser ist warm und angenehm, danach fühle ich mich direkt wieder frischer. Jetzt ab ins Bett, Laptop an und einschlafen.
Mittwoch, 13.07.2022 Winnipeg Beach Provincial Park
Die Nacht war warm und leise, erst gegen halb 10 werden wir vom Geräusch eines Rasenmähers und von spielenden Kindern geweckt. Hier auf dem Campingplatz direkt am Lake Winnipeg sind in den Sommerwochen viele Familien zu finden, die aus der Großstadt flüchten. Da wir heute nichts vorhaben, faul und noch etwas müde sind, bleiben wir einfach liegen, genießen die Wärme und hören den Geräuschen um uns herum zu. Erst gegen 11 Uhr steigen wir aus dem Bett. Waschen, Zähne putzen, Wasser aufsetzen- dann gibt’s Frühstück. Trotz der Wärme entscheiden wir uns für Kaffee, Tee und Käse-Toast aus der Pfanne. Sehr fettig aber auch sehr lecker.
An der Außenseite des Wohnmobils hängen heute Vormittag viele, also wirklich viele größere, dunkle, hässliche Insekten. Auch andere Wohnmobile und Fahrzeuge um uns herum werden von denen belagert. Die scheinen an jeder wärmeren Oberfläche zu kleben.
Mike versorgt erstmal all seine Mückenstiche. Über Nacht sind wieder Neue dazu gekommen, einige sind ordentlich groß und andere jucken wie verrückt. Ich spüle, räume die schmutzige Wäsche weg und wische einmal über alle Oberflächen. Die Hälfte der Zeit im Wohnmobil ist rum, da kann man nochmal gründlicher sauber machen. Da Mikes Stiche trotz Afterbite jucken wie doll, beschließen wir, ans Wasser zu gehen und die Beine zu kühlen. Vielleicht hilft das was. Draußen scheint die Sonne und nur ein paar kleine Wolken sind am Himmel zu sehen. Es ist wunderbar warm mit einem leichten Windhauch- perfektes Wetter für einen Tag am Wasser. Der Strand ist um halb eins gut besucht. Überall liegen Leute auf Handtüchern, andere haben ihre Klappstühlchen mitgebracht und dazwischen liegt alles an aufblasbarem Zeug, das man irgendwie mit aufs Wasser nehmen kann: Luftmatratzen, Reifen, ein Einhorn, ein Donut, ein riesiger grüner Pfau, ein pinker Flamingo etc. Wir gehen mit den Beinen ins Wasser, das ist angenehm kühl und Mikes Gejucke wird schnell besser.
Durchs Wasser gehen wir ganz langsam bis ans Ende des ersten Strandabschnitts und gucken uns nebenbei die verschiedenen Boote auf dem Wasser an. Von SUPs über Schlauchboote bis hin zu übers Wasser rasenden Motorbooten oder Jet-Skis ist alles dabei.
Am Ende des Strandes angekommen trocknen wir die Füße ab und setzen uns einen Moment in den Schatten des Strand-Pavillons. Auf der kleinen Zufahrtsstraße wird gerade eine Kirmes aufgebaut. Verschiedene Fahrgeschäfte, Popcorn-Buden etc. stehen in ihren Einzelteilen rum und warten auf den Zusammenbau. Leider werden wir wohl nichts mehr von der Kirmes mitbekommen. Währenddessen hebt auf der anderen Seite am See ein schwerfälliger, massiver Vogel ab. Tier des Tages ist für heute ein Pelikan.
Gegen kurz vor 14 Uhr gehen wir zurück zum Wohnmobil. In dieser Metallbüchse ist es ganz schön warm geworden, also erstmal Klimaanlage an. Mike legt sich aufs Bett und liest, ich schreibe etwas am Reisebericht weiter.
Maya meldet sich zwischendurch und wir schreiben ein bisschen hin und her. Sie würde heute auch am liebsten mit uns am Wasser sitzen, stattdessen muss sie in der Hitze Deutschlands für ihre Uni-Klausuren lernen. Die Arme. Ich hätte sie tatsächlich auch manchmal noch gerne dabei aber Kinder werden nun mal älter.
Gegen 16 Uhr machen Mike und ich uns auf zur zweiten Strandrunde. Wir nehmen die Campingstühle mit, stellen die direkt an die Wasserkante und halten die Füße ins kühle Nass. Ach, ist das angenehm. Immer noch sind viele Familien am und im Wasser, Kinder planschen, die Erwachsenen unterhalten sich- so sollte ein Sommertag am Wasser sein. Mike schreibt noch was mit seinem Bruder, während ich mal wieder eindöse. Es ist warm, es ist bequem, ich höre den Leuten um mich rum zu- was soll ich da anderes machen als gemütlich einzuschlafen. Erst nach einer Stunde merke ich, dass es doch langsam etwas heiß in der Sonne wird. Hoffentlich wird das mal kein ordentlicher Sonnenbrand.
Um 17:30 Uhr verlassen wir den Strand, gehen nochmal zu den kleinen Buden in der Hoffnung auf Pommes und Burger und finden ein süßes, kleines Restaurant mit toller Holzterrasse. Hier kann man super sitzen, auf der Karte steht alles, was das nordamerikanische Genießerherz begehrt und die Bedienungen sind unglaublich freundlich. Mike bestellt Pommes und Hühnchen, ich kriege Poutine und frittierte Zwiebelringe. Dazu gibt’s kanadisches Bier für Mike und hausgemachte Limo für mich. Hmmm, was für ein leckeres Abendessen. Und so gemütlich in der Wärme- besser hätten wir es nicht erwischen können. Auf der Straße wird die Kirmes aufgebaut, langsam erkennt man Autoscooter und Co. und auch das hat was von einem unbeschwerten Sommerwochenende.
Nach dem Abendessen watscheln wir gemütlich zurück zum Wohnmobil. Draußen am Wagen hängen immer noch diese komischen Insekten. Mike googelt, was das ist und siehe da: So sehen Eintagsfliegen aus. Die armen Tiere hängen sich jetzt alle zum Sterben irgendwo fest, morgen oder übermorgen sind sie dann weg. Blödes Leben irgendwie.
Mike geht duschen, ich schreibe den Reisebericht weiter, danach dusche auch ich. Der Abend vergeht mit Lesen, Handy daddeln und schließlich wieder Serie gucken.
Donnerstag, 14.07.2022 Fahrt in den Riding Mountain National Park
Nach einer ruhigen und warmen Nacht werden wir um 9 Uhr vom lauten Hupen eines Zuges geweckt. Da scheint die Bahnstrecke doch noch genutzt zu werden. Von den Zügen haben wir gestern überhaupt nichts mitbekommen.
Wir bleiben noch einen Moment liegen, schreiben mit zu Hause, dann machen wir uns fertig und koppeln den Wagen ab. Heute fahren wir ohne Frühstück los, denn wir wollen in Winnipeg zu Cora´s breakfast und lunch. Das Frühstück dort haben wir schon in Toronto und Halifax schätzen gelernt und da wir sowieso über Winnipeg fahren müssen, können wir auch direkt dort frühstücken.
Die Fahrt nach Winnipeg dauert ca. 1 Stunde und wir müssen ziemlich lang durch Winnipegs Gewerbegebiete mit engen und sehr vollen Straßen fahren, bis wir in einem riesigen Shopping- Areal auf den passenden Parkplatz rollen. Jetzt gibt’s lecker Frühstück- ist ja auch schon 12 Uhr mittags. Für Mike gibt es Toast mit Karamell und Bananen, Spiegeleier, Bratkartoffeln, Speck und dazu Kaffee. Ich bekomme 2 Blaubeerpancakes, Spiegeleier, Toast, Kartoffeln mit Speck und Toast sowie Obst und dazu einen Kale-Mango-Smoothie. Der kann bei Mike keine Begeisterung auslösen, er bleibt lieber bei seinem Kaffee.
Nach dem Frühstück fahren wir zu Walmart. Nachdem uns der letzte Walmart in Kenora ja nicht mit allem versorgen konnte, müssen jetzt nochmal ein paar frische Lebensmittel her. Zum Glück ist dieser Walmart wieder riesig, gut sortiert und wir kriegen alles, was wir brauchen. Wasser, Getränke, Kirschen, Salat, …alles da heute. Mike kriegt sogar neues Afterbite gegen die ständig neuen und juckenden Mückenstiche.
Es ist bereits nach 14 Uhr, als wir uns auf den Weg zum Riding Mountain National Park machen. Mike fährt fast die ganze Strecke allein, erst die letzten 50 Kilometer übernehme ich. Die Straßen hier in Manitoba sind super schlecht, die können durchaus mit den Straßen in Nova Scotia konkurrieren. Es wackelt und rüttelt im Wagen und ich hoffe, dass das Geschirr heil am Campingplatz ankommt. Bei den ganzen Löchern, Dellen und ausgerissenen Straßenrändern kann man für nichts garantieren.
Der Eingang in den Nationalpark ist schnell und einfach zu finden, der Weg zum Campingplatz eher weniger. Ich lande mit dem Wohnmobil mitten in dem kleinen Ort Wasagaming und weiß ab hier nicht mehr weiter. Ich parke am Visitor Center und Mike fragt erstmal nach dem Weg zum Campingplatz. Weit davon entfernt sind wir nicht, also schnell zwei Straßen weiter, rechts abgebogen und schon sind wir da. Der Campingplatz ist ganz schön groß und wir müssen noch einige Meter bis zu unserem Stellplatz fahren. Der ist wieder ein Pull-Trough, also vorne rein und hinten raus. Praktisch. Der Stromkasten ist diese mal auch ohne Verlängerungskabel zu erreichen.
Direkt vor unserer Windschutzscheibe steht ein Weißwedelhirsch, kaut genüsslich auf ein paar Blättern rum und lässt sich von uns überhaupt nicht stören. Schön, wenn die Tiere so nah kommen.
Da es noch nicht allzu spät ist und der kleine Ort unten am See beim Durchfahren einen sehr guten Eindruck machte, beschließen wir, noch eine Runde durch den Ort zu drehen. Der Weg vom Stellplatz aus ist gut zu Fuß machbar, es geht leicht bergab und wir kommen an echt hübschen Häuschen vorbei. In erster Reihe, direkt mit Blick auf und Badesteg in den See haben diese Ferienhäuser echte Premiumlage. Einige haben einen Hot-Pot auf der Terrasse, andere einen riesigen Kamin mit Stühlen drumherum. Hier lässt es sich bestimmt gut sitzen.
Wir bummeln am See entlang bis zu den kleinen Geschäften von Wasagaming. Hier gibt es Boutiquen, Souvenirläden, Restaurants, Läden mit Eis, Süßigkeiten, Beaver Tails, etc. Sehr, sehr hübsch und wirklich gepflegt ist es hier. Da es ganz schön warm ist, holen wir uns ein leckeres Softeis, bummeln an den Läden zurück und gehen dann den Berg hoch zurück zu unserem Stellplatz. Unterwegs treffen wir wieder auf einen Weißwedelhirsch, der am Straßenrand grast. Die scheinen überhaupt nicht scheu zu sein und er zeigt sich von uns wenig beeindruckt.
Zurück im Wohnmobil kippt bei mir leider die Stimmung. Seit Corona kämpfe ich dieses Mal unglaublich mit Heimweh, heute Abend ist es wieder soweit und je weiter wir nach Westen fahren, umso größer wird meine Flugangst vor dem langen Rückflug. Um es kurz zu machen: Der Abend endet mit schlechter Laune.
Freitag, 15.07.2022 Riding Mountain National Park
Die Nacht war warm, sehr warm und die Laune ist heute früh zumindest ein klein bisschen besser. Zum Glück bessert sie sich nach dem Frühstück weiter. Heute wollen wir zu den Bisons, die es hier im Park gibt. Mike hat im Internet irgendwas wegen einer Straßensperrung gelesen, daher fahren wir zuerst zum Visitor Center in Wasagaming und fragen mal nach. Neben Auskünften gibt es in diesem wunderschönen Gebäude auch eine kleine Ausstellung zu den Tieren im Park sowie die Darstellung eines Biberbaus.
Mike hatte im Vorfeld leider richtig gelesen. Die nette Dame in Visitor Center erklärt uns, dass auch der Riding Mountain National Park von den starken Regenfällen Anfang Juni in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Zufahrstraße zum Bisongebiet ist weggeschwemmt, eine Brücke weggerissen worden. Es ist also momentan kein Hinkommen zu den Bisons. So ein Mist. Deswegen sind wir doch eigentlich hier. Die nette Dame erklärt uns aber auch eine Alternative: Im Örtchen Minnedosa, ca. 50 Kilometer vom Park entfernt, unterhält jemand ein privates Bisongehege, da könnten wir uns welche angucken. Wenn wir schon die „richtigen“ Bisons nicht sehen können, wollen wir uns wenigstens die angucken. Mike fährt los, wir fahren ein paar Kilometer und mit einem Mal steht da ein Schwarzbär mitten in einem Feld am Straßenrand. Wir müssen natürlich wenden und zurückfahren, um uns den Bären genauer anzusehen. Er ist deutlich größer als der Bär, den wir letztens gesehen haben, daher gehen wir davon aus, dass dieser Bär hier ein Männchen ist.
Der Weg bis nach Minnedosa ist unspektakulär, weitere Bären sehen wir nicht. Dafür in Minnedosa selbst wieder viele Sandsäcke. Auch dieser Ort muss überflutet worden sein, denn an einigen Häusern sind die Sandsäcke bis in den Eingang gestapelt, andere Häuser wurden mit einem regelrechten Schutzwall gesichert.
Wir fahren die Hauptstraße entlang und folgen dem Schild „Bisons“, doch wir finden keine. Also wieder zurück zur Hauptstraße. Auch an der nächsten Einfahrt gibt es keine Bisons. Also nochmal drehen und einen anderen Weg probieren. Wir landen jetzt am Heritage Museum und eine Frau erklärt uns, dass das eigentliche Bisongehege überschwemmt ist und wir es nochmal von einer anderen Stelle aus probieren sollen.
Wir fahren wieder zum ersten Versuch zurück, parken das Wohnmobil am Straßenrand und gehen bis zum Rand eines winzig kleinen Parks. Wir haben das zuerst für ein Privatgrundstück gehalten, denn auf der Wiese liegen ein Mann und eine Frau mit Liegen und Sonnenschirm in der Sonne. Nein, nein, das sei schon ein öffentlicher Park, sagen sie uns, wir können ruhig hier rumlaufen. Machen wir und sehen tatsächlich eine kleine Herde Bisons auf einer etwas weiter entfernten Wiese. Sieht aus, als wenn die Herde auf einer kleinen Insel grast, drumherum ist alles voll Wasser. Mike macht ein paar Fotos, dann fahren wir wieder zurück.
Den Nachmittag verbringen wir am Stellplatz, lesen und spielen Switch. Es ist super warm in der Sonne, das ist schön, denn es hält die Mücken ab. Ich koche Nudeln mit Pilzsauce, wir essen draußen und genießen die Wärme.
Am frühen Abend gehen wir nochmal nach Wasagaming an den See. Heute gehen wir eine andere Straße Richtung Ortskern und auch hier stehen wieder wunderschöne Ferienhäuser. Einige schon etwas älter, andere ganz neu und sehr modern. Am und im Wasser ist noch viel los, Kinder und Erwachsene genießen das warme Wetter, schwimmen, fahren Boot oder picknicken auf der Liegewiese. Über allem liegt die gelassene Stimmung eines warmen Sommertages. Es ist deutlich voller als gestern, was wahrscheinlich daran liegt, dass viele Wochenendausflügler heute Nachmittag schon angereist sind. Mike und ich gehen zuerst am Wasser entlang, dann durch den Wald bis zum Ortseingang. Hier ist der Laden für BeaverTails. Die werden unser Abendessen. Mike holt sich einen mit Zimt und Zitrone, ich kriege einen mit Nutella und Reeses. Die fettigen Teile werden frisch gemacht, sind also unsagbar heiß und zuerst gar nicht essbar. Wir nehmen sie mit bis zu einer Bank am See, setzen uns dort hin, essen und beobachten die Menschen. Es ist mittlerweile fast 20 Uhr, einige Familien packen langsam zusammen. Es ist aber immer noch genug Trubel hier am Wasser. Ein Ausflugsschiff legt zu einer Abendfahrt ab, andere Boote kommen langsam zurück in den kleinen Hafen gefahren. Obwohl wir längst aufgegessen haben bleiben wir noch auf der Bank sitzen und genießen die kühler werdende Sommerabendluft. Erst als es dämmert machen wir uns auf den Weg zurück zum Stellplatz.
Heute geht der Rückweg schneller als gestern, denn heute kennen wir den richtigen Weg und laufen nicht unnötig weit. Pappsatt fallen wir nach der Dusche ins Bett. Gute Nacht.
Samstag. 16.07.2022 Fahrt nach Saskatoon
Heute steht die längste Fahrstrecke dieses Urlaubs an: Knapp 600 Kilometer bis nach Saskatoon. Da wir bis 11 Uhr den Stellplatz geräumt haben müssen, stehen wir heute mal was früher auf. Zum Frühstück gibt’s für mich Joghurt mit Obst, Mike ist mit Knäckebrot glücklich. Dazu gibt’s eine Tasse Kaffee und O-Saft. Für alles andere ist es viel zu warm. Es gilt eine Hitzewarnung für den ganzen Tag und die Wärme merkt man schon heute früh gut. Schon merkwürdig, dass wir vor zwei Wochen noch so gefroren haben. Davon ist nichts mehr übrig. Mittlerweile haben wir zum Glück richtiges Sommerwetter. In der Nacht hatte es wieder gewittert und geregnet. Während Mike am Morgen nichts davon weiß, habe ich mir in der Nacht das Grummeln eines heranziehenden Gewitters angehört. In den Präriestaaten scheint man schon Stunden bevor das Gewitter bei einem ankommt den Donner zu hören.
Nach dem Frühstück folgt die übliche Morgenroutine: Aufräumen, spülen, Wäsche wegräumen, alles Rausfallsicher verzurren, Strom abkoppeln und los geht’s. Der erste Halt ist nur ein paar Meter entfernt: Mike muss Dumpen. Das Ablassen von Schmutz- und Abwasser ist der weniger schöne Teil vom Leben im Wohnmobil.
Den ersten Teil der Strecke übernehme ich. 200 Kilometer ruckelt der Wagen über echt schlechte Straßen, das Lenkrad muss immer mit beiden Händen gefasst werden, damit das Wohnmobil nicht einfach durch die Gegend springt. Nach zwei Stunden werde ich müde und unkonzentriert, Mike übernimmt für die nächsten 200 Kilometer. Die Landschaft ändert sich während all dieser vielen Kilometer nicht. Es geht durch Wiesen und Rapsfelder auf schnurgraden Straßen mitten durch die Prärie. Ganz selten geht es mal etwas bergauf oder bergab, meistens aber einfach schnurgrade geradeaus. Der Himmel ist strahlend blau und mit dem Gelb der Rapsfelder und dem Grün der Wiesen sieht die Landschaft farblich toll und unglaublich nach Sommer aus aber es ist halt ganz schön eintönig. Und das ermüdet beim Fahren. Hin und Wider taucht eine Abraumhalde mit zugehörigem Fabrikgelände in der Landschaft auf. Das sind Kalibergwerke. Kanada betreibt 11 solcher Bergwerke und ist damit weltweit der größte Produzent von Kalisalzen, die später zu Dünger verarbeitet werden. 30% der weltweiten Produktion werden hier in Saskatchewan hergestellt.
Ortschaften gibt es auf der gesamten Strecke nicht. Manchmal gibt es eine Farm, manchmal stehen ein paar Häuser in der Nähe eines der Bergwerke. Dazwischen ist kilometerlang nichts. Wirklich nichts.
Ich frage mich, wo die Menschen hier einkaufen, denn ich habe seit 400 Kilometern keinen einzigen Laden mehr gesehen. Wir tauschen jeweils noch einmal beim Fahren durch, dann rollt Mike um 17:00 Uhr- wir haben heute an der Zeitzonengrenze wieder eine Stunde geschenkt bekommen- auf der Stadtautobahn durch Saskatoon bis zu unserm Campingplatz. Der liegt ganz im Süden der Stadt in einer Grünanlage. Unser Stellpatz grenzt direkt an den örtlichen Golfplatz. Es ist unglaublich heiß hier, das Thermometer sagt was von 36 Grad. Ich laufe insgesamt noch dreimal zwischen Stellplatz und Waschmaschine bzw. Trockner hin und her, den Rest des Abends sitzen wir im Schatten des Wohnmobils in unseren Campingstühlen, mehr ist bei der Hitze nicht drin. Zum Glück mögen auch die Mücken die Hitze nicht und bleiben uns vom Leib. Zum Abendessen gibt es Burgerbrötchen mit Speck, Spiegelei und Käse und dazu Rohkost.
Die Luft draußen wird langsam kühler und angenehmer und obwohl wir gerne noch draußen sitzen würden, fallen uns die Augen zu. Die Hitze und die lange Fahrt heute haben uns müde gemacht. Schnell noch spülen und duschen, dann geht’s ins Bett. In unserer Sardinenbüchse ist es so warm, da muss heute Abend mal die Klimaanlage dröhnen. Ich schaffe tatsächlich noch zwei Folgen der Serie, dann bin ich eingeschlafen. Auch Mike fällt der Laptop schon aus der Hand, jetzt ist wirklich Schluss für heute.
Sonntag, 17.07.2022 Saskatoon
Ich habe wieder super unruhig geschlafen. Irgendwie wollen mein Rücken und die Matratze nach drei Wochen nicht mehr miteinander. Und es war unheimlich warm. Um 9 Uhr bin ich wach und schreibe kurz mit Maya. Mike neben mir schläft noch und wird erst langsam wach.
Der Morgen startet mit einem ordentlichen Donnerwetter. Schon beim Wachwerden höre ich in der Ferne das Grummeln des aufziehenden Gewitters. Kurze Zeit später blitzt und donnert es, der Regen trommelt aufs Dach. Wir bleiben also liegen und dösen weiter in der Wärme des Wohnmobils vor uns hin. Die erste Runde Gewitter zieht schnell wieder ab doch was danach kommt ist deutlich heftiger. Die zweiter Runde Gewitter bringt kräftigen Wind mit sich, es wird dunkel und der Regen rauscht nur so vom Himmel. Während sich draußen die Bäume biegen und Blätter und Zweige runterfallen, machen wir uns langsam fertig. Wir wollen heute auf den Farmers Market, der jedes Wochenende stattfindet und der größte in Saskatchewan sein soll.
Mike koppelt den Wagen vom Strom ab und wir fahren durch die Pfützen in Richtung Highway.
Der Farmers Market ist laut Navi nur 11 Minuten Fahrzeit entfernt doch am angegebenen Ziel ist ziemlich wenig los. Ja, am Gebäude steht „Farmers Market“ dran, doch auf dem Parkplatz herrscht gähnende Leere. Wir parken unser Riesenschiff und gehen ins Marktgebäude. Auch hier ist nichts los. Viele Verkaufsstände sind nicht besetzt und Besucher sind auch keine da. Innerhalb von 5 Minuten haben wir alles gesehen und gehen zurück zum Wagen. Das war jetzt ganz schön enttäuschend. Wo kriegen wir jetzt unser Frühstück her? Ok, wieder zu Cora´s. Auch unser Frühstück ist wieder nur 13 Minuten entfernt und wir stehen schnell auf dem passenden Parkplatz. Vor dem Eingang von Cora´s stehen bereits Leute an. So einen vollen Cora´s hab ich noch nie gesehen. Wir gehen rein, werden auf eine Warteliste geschrieben und müssen auf einen freien Tisch warten. Es dauert zum Glück nicht lange und eine freundliche Bedienung bringt uns zu unserem Platz. Ich kriege wieder den leckeren Kale- Mango- Smoothie, Mike bleibt auch heute lieber bei Kaffee. Zum Frühstück gibt es zwei Teller mit Kartoffel, Speck und Spiegeleiern, Mike hat dazu eine dicke Waffel mit Obst und Sahne, ich einen Crepes mit Obst und sahniger Füllung. Wie üblich ist das ganze super lecker und auch wie üblich kriegen wir, sobald der letzte Bissen runtergeschluckt ist, die Rechnung- andere warten ja schließlich auch noch auf einen Tisch.
Mittlerweile ist es in der Sonne wieder ordentlich warm geworden. Wir fahren ein paar Meter weiter auf einen anderen Teil des Parkplatzes und gehen bei Sobey´s rein. Mike ist auf der Suche nach Krautsalat und tatsächlich wird er fündig. Ich weiß schon, was es zum Abendessen gibt.
Ich möchte gerne bei Winners durchgucken, der ist wieder an einer anderen Stelle und wir fahren wieder ein paar Kilometer zurück. Irgendwie ist dieses Mal nichts für mich dabei und ich bin schnell fertig mit gucken. Nebenan ist ein Superstore, da will Mike hin, denn er ist auf der Suche nach einer neuen SD-Karte, nachdem die externe Festplatte ihre Zusammenarbeit mit uns aufgekündigt hat. Wir schlendern durch die Gänge und ich nehme auf die Schnelle noch drei Badetücher mit. Die sind so schön sommerlich und Badetücher kann man nie genug haben. Mikes und meins dient jetzt die nächsten Tage als Anti-Schwitz-Unterlage für die Campingstühle. Eine SD- Karte kriegen wir im kleinen Technikladen hinter den Kassen, der ganz vorurteilsgetreu von zwei Indern betrieben wird.
So, zurück zum Wohnmobil. Es ist mittlerweile 15 Uhr und wir überlegen, was wir noch anstellen heute. Zum Spazieren gehen ist es zu heiß, also fahren noch mal in die Gegenrichtung zur nächsten Mall. Hier gib es einen „Bath and Bodyworks“- Laden und wir brauchen bestimmt noch Duftkerzen für zu Hause. Zwei gibt es zum günstigeren Preis, also nehmen wir doch zwei. Dazu noch Duftiges für das Patenkind und die Tochter. Danach geht’s noch zu Dollarama. Shampoo, Spüli und Klopapier reichen natürlich nicht mehr ganz für die letzten 12 Tage und eine neue Dose Insektenspray muss her, der Verbrauch dieses Jahr ist gigantisch. Wir bringen die Taschen zum Wagen und Mike möchte gerne noch in die Buchhandlung. Oh, was haben die schöne Sachen da. Ich könnte sofort einen extra Koffer vollpacken mit Geschirr, Kissen, Liegedecken, einem Melonen-Planschbecken, und und und. Mike findet einen dicken Sammelband von Mass-Effect. Den will er aber nicht mitnehmen, denn der ist tatsächlich ganz schön schwer und echt wenig Rückflug-geeignet.
Mittlerweile ist es 17 Uhr und wir fahren zum Campingplatz zurück. Die Sonne scheint und draußen vor dem Wohnmobil weht ein frischer Wind. Drinnen ist es vor Hitze nicht auszuhalten, also kommen die Campingstühle raus und wir setzen uns vors Wohnmobil. Mike guckt irgendwas auf seinem Handy und sich schreibe am Reisebericht weiter.
Zum Abendessen gibt es natürlich Krautsalat. Für mich mit Pellkartoffeln, Ranch Dressing und Rohkost. Für Mike ohne alles. Essen könne wir zum Glück draußen, denn es ist noch immer wunderbar warm und die Mücken lassen uns fast in Ruhe.
Mike macht den Abwasch, fegt und räumt die Wäsche weg, ich schreibe weiter am Reisebericht. Wir sitzen noch etwas draußen aber als es dunkel wird werden auch die Mücken wieder aufdringlich. Wir machen die Klimaanlage im Wohnmobil an und verziehen uns nach drinnen. Jetzt noch duschen und ab ins Bett.
Montag, 18.07.2022 Fahrt in den Vermillion Provincial Park
Nach einer ruhigen Nacht wachen wir gegen 9 Uhr auf. Zuerst schreiben wir kurz mit Maya, bei der ja schon Nachmittag ist und die heute eine derart schwere Klausur geschrieben hat, bei der die meisten Studenten beim ersten Versuch durchfallen.
Nach Haarewaschen und Co. gibt’s wieder Knäckebrot für Mike und Joghurt mit Obst für mich. Danach schnell spülen, abtrocknen, aufräumen und sauber machen- um 11 Uhr müssen wir unseren Stellplatz geräumt haben.
Wir fahren durch die Stadt und dann Richtung Westen auf den Trans- Kanada- Highway. Unser Ziel für heute ist der Vermillion Provincial Park. Eigentlich haben wir hier gar nichts vor und haben ihn nur als Stopp für eine ansonsten zu lange Strecke ausgewählt. Mal sehen, was uns erwartet.
Die Fahrt ist auch heute wieder recht eintönig. Es geht viele, viele Kilometer durch Wiesen und Rapsfelder, ansonsten bietet die Landschaft nicht viel Abwechslung.
Und dann kommt mit einem Mal wie aus dem Nichts das Ortschild „Lloydminster“ und man steht mitten in einer kleineren Stadt. Richtig voll ist es hier. Lloydminster liegt tatsächlich in zwei Provinzen: Saskatchewan und Alberta. Ein Straßenzug mitten in der Stadt teilt sie. Auf der einen Seiter der Straße ist Saskatchewan, auf der anderen Straßenseite ist Alberta. Und die Stadt nimmt aus beiden Provinzen das Beste mit. Aus der einen Provinz die niedrigeren Steuern, aus der anderen die höheren Löhne. Und das gilt dann immer fürs gesamte Stadtgebiet. Das ist wohl einer der Gründe, weshalb die Stadt immer weiter wächst und die Menschen hierherziehen. Ein anderer Grund sind die Erdölvorkommen in dieser Gegend. Überall auf den Feldern sieht man kleine schwarze Türme mit Hauben stehen, auch dort wird Öl gefördert. Diese Gegend hat eine Menge flüssiges Gold im Boden liegen und fängt gerade erst an, es zu fördern.
Am Ausgang Lloydminsters gibt es ein großes Gewerbegebiet. Von Walmart über Staples, Michaels, Winners, Sobey´s- hier ist alles zu finden. Erstaunt fahre ich daran vorbei, dann beginnt wieder die Einöde. Wie eine kleine Oase im Nichts war das gerade.
Die Fahrt geht weiter geradeaus doch irgendwann ist unser Ziel ausgeschildert. Unterwegs hatte Maya noch einmal angerufen, die Klausurergebnisse von heute früh sind schon da und entgegen aller Erwartungen hat sie die Klausur direkt beim ersten Anlauf bestanden. Oh, ist die glücklich. Und wir natürlich auch. Glückliches Kind- glückliche Eltern. Wir fahren jetzt mitten durch den Ort Vermillion, der einen sehr hübschen und gepflegten Eindruck macht. Die Häuser in Richtung Provincialpark machen einen gehobeneren und sehr ordentlichen Eindruck mit ihren schön angelegten Gärten und den sauber gemähten Rasen.
Dieser Eindruck setzt sich auf dem Campingplatz fort. Es ist eher eine Parkanlage mit Minigolfplatz und Wasserspielplatz als ein üblicher Campingplatz. Sehr schön ist es hier. Der Campingplatz ist nur wenig belegt, einige Familien sind hier und ein paar Rentner sitzen zusammen vor einem Camper.
Und es gibt noch ein paar Bewohner: Erdhörnchen. Die flitzen kreuz und quer über den Platz und haben den gesamten Untergrund durchlöchert. Überall guckt so ein kleiner Kopf aus einem der Löcher, dann rennt plötzlich ein kleiner Geselle über den Stellplatz und ist wieder weg. Hin und her geht es hier. Macht richtig Spaß, denen zuzugucken.
Es ist wieder unglaublich heiß heute, im Wohnmobil ist es kaum auszuhalten und so beschließen Mike und ich, zum Minigolf zu gehen. Der kleine 9-Loch-Platz liegt direkt am Eingang, das sind nur ein paar Meter zu Fuß. Natürlich zieht Mike mich ab, ich kann das nicht so gut. Spaß hat es aber trotzdem gemacht. Auf dem Rückweg machen wir Halt am Wasserspielplatz und setzen uns dort auf eine Bank. Heute sind hier in der Hitze einige Eltern mit Kindern unterwegs, die sich über das kühle Wasser freuen. Wir kriegen etwas kühlere Luft hier ab, das ist auch schon viel wert.
Es ist mittlerweile später Nachmittag und Mike und ich setzen uns vors Wohnmobil in den Schatten, lesen und dösen. Gemütlich ist es. Gegen 18 Uhr kriegt Mike Hunger und fängt an zu kochen. Es gibt Reis mit Bohnen und Tomatensauce und dazu Salat. Wir können draußen essen, denn selbst den Mücken ist es zu heiß.
Nach dem Essen spielen wir Kniffel und gehen später noch eine Runde um den Campingplatz. Außen am Fluss entlang gibt es einen Weg, der vorne am Eingang wieder rauskommt. Jetzt, da die Sonne langsam untergeht, kommen die Mücken dann doch raus und wir gehen lieber rein. Jetzt noch spülen, dann duschen und dann ins Bett. Heute muss die Klimaanlage eine Weile laufen, um es im Wohnmobil erträglich zum Schlafen zu machen. Kaum zu glauben, dass wir vor zwei Wochen noch die Heizung an hatten. Um 23 Uhr sagen wir noch Maya guten Morgen, die muss schon wieder aus dem Bett und zur nächsten Klausur, dann fallen uns auch die Augen zu.
Dienstag, 19.07.2022 Fahrt in den Pembina River Provincial Park
Nach einer ruhigen, warmen und sehr erholsamen Nacht wachen wir wieder gegen 9 Uhr auf. Heute haben wir einiges vor, also machen wir uns nur schnell fertig, Frühstück gibt’s von Tim Hortons und gegessen wird auf einem Feldweg an der Straße. Geht auch und ist gar nicht mal ungemütlich.
Unser erster Stopp ist der Elk Island National Park. Hier soll es nochmal die Chance auf Bisons geben, die lassen wir uns doch nicht entgehen. Wir halten zuerst am Visitor Center, fragen nach, wo wir die Bisons am Besten sehen könnten und gucken uns die kleine Ausstellung dort an.
Ein paar Meter weiter gibt es den „Bison Loop“, den man ganz einfach mit dem Auto abfahren kann, da sollen wohl Bisons zu sehen sein und tatsächlich. Wir haben Glück und sehen gleich eine kleine Herde von fünf Bisons auf der Wiese grasen. Drei nahe an der Straße, zwei etwas weiter entfernt. Wir steigen kurz aus und machen ein paar Fotos, dann gehts weiter, denn hinter uns warten schon andere Wagen samt Insassen auf ihre Chance.
Wir fahren noch ein bisschen die Straße durch den Park entlang bis zu einem Parkplatz mit Wanderweg. Wir laufen einfach mal los, finden Hufspuren und Sch…e aber von Bisons keine Spur. Als der Weg matschig und sumpfig wird drehen wir wieder um und fahren zurück zum Ausgang.
Laut Navi sind es noch etwa 30 Minuten bis nach Edmonton. Hier wollen wir in die West Edmonton Mall. Diese hat neben den üblichen Läden und einem Food Court unter anderem das weltweit größte Hallenbad samt 17 Wasserrutschen, eine Eisbahn, ein Aquarium, man kann Tretboot und Go-Kart fahren, Minigolf im Hellen und Dunklen spielen und es gibt einen richtigen Vergnügungspark mit Achterbahnen und Kettenkarussell. Nachdem Mike das Wohnmobil erfolgreich geparkt hat, gucken wir uns das Spektakel mal an und was soll ich sagen: So eine riesige Mall habe ich noch nie gesehen. Hier gibt es alles. Vor allem Sachen, die man überhaupt nicht braucht. Wir sind total beeindruckt. Für uns gibt’s eine Runde Minigolf, danach gehen wir noch in ein paar Läden. Wirklich fündig werde ich aber nicht, also lasse ich die Sachen auch in den Läden. Alles andere müsste ich ja auch nur irgendwie nach Hause schaffen.
Als wir die Mall verlassen ist es bereits 17:30 Uhr und die Fahrzeit zum Campingplatz beträgt noch eine Stunde. Wir fahren westlich an Edmonton vorbei bis zum Pembina River Provincialpark. Der Campingplatz ist deutlich größer als erwartet und ordentlich voll. Wir parken das Wohnmobil auf einem schönen, direkt am Fluss gelegenen Stellplatz, steigen aus und…es ist kalt hier. Deutlich kälter als heute Morgen noch. Da gibt’s doch direkt Jeans und Pullover. Zum Abendessen gibt’s mal wieder Nudeln mit Thunfisch-Sauce. Da unser Platz so schön oberhalb am Fluss liegt, essen wir noch draußen, spielen dann noch zwei Runden Kniffel und dann treiben uns die Mücken nach drinnen. Jetzt folgt die typische Abendroutine, dann ist Schluss für heute.
Mittwoch, 20.07.2022 Fahrt in den Banff National Park
Nach einer ruhigen Nacht gibt es Frühstück wie immer. Heute steht mit 411 Kilometern eine längere Fahrt in den Banff National Park an. Zuerst müssen wir jedoch Propan auffüllen und tanken, dann fahren wir über Landstraßen nach Süden Richtung Calgary. Hier verändert sich die die Landschaft, es wird hügeliger. Die Straßen gehen weiterhin schnurstracks geradeaus, auf den Wiesen links und rechts werden immer wieder Erdölfördertürme sichtbar. Jetzt gibt es auch wieder mehr Bäume, keine Rapsfelder mehr und in der Ferne sind im Dunst die ersten Berge der Rocky Mountains erkennbar.
Wir fahren lange parallel zu den Rocky Mountains, bis wir in Cochrane Halt machen. Cochrane ist ein sehr hübscher, gepflegter Ort mit vielen Neubaugebieten und neu angelegten Straßen. Der Ort scheint ordentlich zu expandieren, denn auf den Hängen ringsum werden fleißig weitere Häuserreihen eingezogen. Bei Walmart holen wir eine weitere Decke gegen die nächtliche Kälte und ganz nebenbei muss zusätzlich ein neuer Koffer her. Mittlerweile haben wir so viel zusätzlich eingekauft, das passt nicht alles in die Koffer und Taschen, mit denen wir hier angekommen sind. Mike bekommt noch einen Kaffee bei Tim Hortons und ich hole mir ein Eis in der örtlichen Eisdiele.
Erst gegen Abend kommen wir in Banff an. Dort haben wir für die nächsten drei Nächte einen Platz ohne alles auf dem Tunnel Mountain Village I Campground. Wir sind bei weitem nicht das einzige Leih-Wohnmobil hier, auf den Stellplätzen um uns herum sind sämtlichen großen Wohnmobil-Vermietungen vertreten. Die kommende Nacht ist kalt angesagt aber noch es ist sehr warm, also hängt Mike die Hängematte raus und während er liest bereite ich das Abendessen vor: Es gibt Burger und Hot Dogs mit Salat. Wir essen draußen und spielen danach noch Kniffel. Erst als es dunkel wird gehen wir rein, spülen, duschen und gucken wir immer unsere Serie weiter. Zum ersten und zum Glück auch fast einzigen Mal ist heute Abend ein Zug richtig laut zu hören.
Donnerstag, 21.07.2022 Banff Nationalpark
Die letzte Nacht war wärmer als erwartet und wir haben die neue Decke bisher gar nicht gebraucht. Frühstück gibt´s draußen, denn die Mücken sind friedlich und lassen uns in Ruhe essen. Schon am Morgen ist es sehr warm, wir sitzen in kurzen Hosen und T-Shirt vor dem Wohnmobil. Später kommt noch eine große Ladung Off! über Kleidung und Haare, denn unser heutiges Ziel ist der Johnston Canyon im Yoho Nationalpark. Die Fahrt dorthin ist super schön, es geht vorbei an steilen Berghängen und Blumenwiesen, die uns an die Alpen erinnern.
Am Parkplatz angekommen ist dieser schon gut gefüllt, überall stehen Wohnmobile in den verschiedensten Größen. Der Johnston Canyon ist ein sehr bekanntes Ausflugsziel und so wundert es nicht, dass der Wanderweg voll Menschen ist. Der Weg führt durch den Wald, immer an eisblauem Wasser entlang und mit wunderbar kühlen Abschnitten dazwischen.
Insgesamt ist der Wanderweg 2,8 Kilometer je Strecke lang, verläuft immer am Fluss entlang und ist mit schmalen Brücken über Abhänge und Felsspalten gespickt. Der Hinweg geht durchweg bergauf, was ich heute ziemlich anstrengend finde. Nach Corona bin ich echt noch ziemlich platt, wenn es darum geht, länger bergauf zu laufen. Beim ersten Stopp, den lower falls, angekommen stehen die Menschen Schlange, um einen Blick auf die Wasserfälle zu werfen. Wir gucken nur ganz kurz von der Seite und gehen weiter zu den upper falls.
Es geht immer weiter bergauf, es ist heiß und super anstrengend. Dafür sind hier oben deutlich weniger Menschen unterwegs. Die Wasserfälle hört man schon bevor man sie sieht und über die Luft kommt uns kühles Wasser entgegen. Das ist total angenehm und an den Wasserfällen selbst wird man fast beregnet. Schön ist es hier und der Weg hat sich auf jeden Fall gelohnt.
Der Rückweg geht deutlich schneller, da es ja fast nur bergab geht. Der Wanderweg ist super eng und auf einer der schmalen Brücken müssen wir über einen Zwillings-Kinderwagen klettern, den der arme Vater irgendwie über die Steine und Wurzeln wuchtet. Zurück im Auto ziehen wir erstmal die nassen Socken und T-Shirts aus und wieder trockne Sachen an. Unser nächster Halt ist die Bergbahn zum Sulphur Mountain, allerdings kosten die Tickets 75 Dollar pro Person, was wir zu teuer finden. Der Ausblick hier von der Basisstation ist auch schon ganz nett.
Für meine Sammlung zu Hause hole ich noch eine Tasse bei Starbucks raus, denn den gibt es natürlich auch hier an der Gondelstation. Auf dem kurzen Fußweg zurück zum Parkplatz haben wir eine wunderschöne Aussicht in die Berge ringsum. Wir beschließen, in den Ort Banff zu fahren und dort etwas zu bummeln. Praktischerweise gibt es einen eigenen RV- Parkplatz, so dass Mike mit dem großen Gefährt nicht lange nach einer passenden Parklücke suchen muss. Wir laufen durch den hübschen, wenn auch sehr touristischen Ort und stellen uns bei Cow´s Eis in die Warteschlange. Die Familie hinter uns hat es scheinbar sehr eilig und drängelt. Sind wahrscheinlich auch Urlauber mit überhaupt keiner Zeit. Das Eis ist lecker bei der Hitze und der Ort hier ist wirklich sehr hübsch.
Überall stehen Holzblockhäuser und in der netten Fußgängerzone reihen sich Restaurants und Souvenirläden aneinander. Nachdem wir einmal durch alle Straßen geschlendert sind, fahren wir zurück zum Stellplatz. Bei der Anfahrt zum Campingplatz kommen wir am „Hoodoos Viewpoint“ vorbei. Wir stellen den Wagen auf dem Parkplatz ab und gehen die paar Meter bis zum Aussichtspunkt. Hier finden wir auch wieder die Red Chairs, denn der Ausblick hier lohnt sich wirklich.
Später am Stellplatz hängt Mike die Hängematte auf und liest, ich spiele im Campingstuhl mit meiner Switch. Um 19:30 Uhr fange ich an, Abendessen zu machen: Salat und Reste (Thunfischnudeln, Hot Dogs). Wir spielen Kniffel bis es dunkel wird, spülen dann, duschen, gucken wieder unsere Serie und ich schlafe schon nach einer halben Folge ein.
Freitag, 22.07.2022 Banff/Yoho Nationalpark
Heute Morgen schlafen wir bis 9:30 Uhr und telefonieren erstmal mit Maya, bei der ist es schon 17:30 Uhr. Zum Frühstück gibt es Knäckebrot und Joghurt mit Obst. Danach wie jeden Morgen spülen und zusammenpacken, denn wir wollen schon wieder was unternehmen. Unser erstes Ziel für heute ist Lake Louise. Wir stellen das Wohnmobil auf dem Parkplatz ab und gehen ein paar Meter bis zum See. Oh Mann, ist das voll hier. Wo kommen denn auf Insta und Co. die ganzen menschenleeren Bilder her? Die Realität sieht definitiv anders aus. Der See selbst sehr schön, auch wenn ich ihn mir irgendwie größer vorgestellt hatte. Das türkisblaue Wasser glitzert vor den imposanten Bergen, ein richtiges Postkartenmotiv.
Am Ufer des Sees gibt es einen Wanderweg, der zuerst direkt am Ufer und später steil in die Berge hinauf geht. Hier unten am Ufer sind viele, wirklich viele Menschen unterwegs und alle wollen Fotos machen. Wir natürlich auch. Am Abzweig des Weges in die Berge kehren wir wieder um, wir wollen nicht wieder bergauf laufen. Direkt am Wasser liegt das bekannte Hotel „Fairmont Chateau Lake Louise“, welches sehr dominant den Blick auf sich zieht. Im Garten finden gerade die Vorbereitungen für eine pompöse Hochzeit statt, die Fotografen wuseln mit Kameras zwischen den Blumen und eintreffenden Gästen umher und die Hochzeitsplanerin scheint kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. Und das Hochzeitspaar? Das versucht Hochzeitsbilder ohne den Bagger drauf zu schießen, der lautstark vor sich hinarbeitet.
Mittlerweile ist die Sonne verschwunden und dicke, graue Wolken ziehen auf. Gerade als wir zurück am Auto sind fängt es an zu regnen. Der Schauer ist aber nur von kurzer Dauer und es klart schnell wieder auf. Jetzt wollen wir zum Morraine Lake, allerdings kommen wir gar nicht bis an den Parkplatz dran, denn der ist wegen Überfüllung geschlossen. Wir fahren also 98 Kilometer weiter in den Yoho-Nationalpark. Unser Ziel hier ist der Emerald Lake, aber auch hier haben wir das gleiche Problem wie am Morraine Lake: Wir kriegen keinen Parkplatz. Etwas frustriert fahren wir den Weg wieder zurück und halten an der Natural Bridge. Auf dem Parkplatz machen wir uns erstmal Kaffee und Zitronenkuchen im Wohnmobil, da gerade ein Bus eine ganze Ladung Touristen auskippt hat. Der Fluss hier und die Felsen sind sehr schön, wahnsinnig viel Wasser wirbelt in den ausgehöhlten Becken unter der steinernen Brücke umher.
Wir genießen diesen hübschen Ort eine Weile und machen Fotos, dann fahren wir weiter zu den Spiral Tunnels. Hier sind die Eisenbahnschienen spiralförmig angelegt, damit die langen Züge einfacher die steilen Hänge und die vielen Höhenmeter überwinden können. Leider ist der Anblick wenig imposant, denn außer ein bisschen Schienen, die in einen Tunnel verschwinden kann man nichts erkennen. Wir gucken also nur kurz und fahren dann weiter zu den Takkawa Falls. Der Weg dahin ist echt abenteuerlich, denn die Straße ist an einer Stelle so eng, dass Gefährte mit einer Länge von über 7 Meter nicht mehr um die Kurve passen. Man muss also das erste Teilstück vorwärts, das zweite rückwärts und das dritte wieder vorwärts fahren.
Ich bin heilfroh, dass Mike gerade fährt, er kurvt gut um die Kurven und ich hätte wahrscheinlich aufgegeben. Ein Zurück ist an der Stelle aber auch nicht mehr möglich. Menschenmengentechnisch ist hier deutlich weniger los als im Rest Yohos, vielleicht wussten andere Touris schon vorher von der Anfahrt. Der Wasserfall ist bereits am Parkplatz zu hören und bis zum Wasserfall selbst ist der Weg nicht weit. Hier donnern die Wassermassen über die Felskanten in die Tiefe. Die Sonne scheint und wir nehmen den Weg am Fluss entlang zum Aussichtspunkt. Die Luft ist voll Wasser und wir sind schnell durchnässt. Durch meine Brille kann ich so gut wie nichts mehr erkennen aber bei der Wärme ist uns das egal. Es ist super schön hier.
Wir machen einen kurzen Spaziergang zu den Red Chairs, die überall in Kanada verteilt an besonders schönen Stellen stehen. Wir setzen uns kurz, machen schnell ein Foto und machen dann Platz für die nächsten Wartenden.
Mittlerweile ist später Nachmittag und wir machen uns auf den Weg zurück zum Campingplatz. Der Rückweg ist streckenweise sehr steil und die Anzeige vorne am Tacho zeigt einen Spritverbrauch von 49-51 Litern- igitt. Am Stellplatz angekommen sind alle Plätze um uns rum von einer Gruppe Indern oder Pakistanis belegt, bestimmt 30-40 Leute. Es ist so laut, dass selbst die Park-Ranger dreimal vorbeikommen und die Leute ansprechen. Zum Abendessen gibt es Nudeln mit Pilzsauce. Wir decken draußen, verlegen unser Essen aber recht schnell nach Drinnen, denn die Mücken nerven heute Abend, die Lautstärke allerdings auch. Nach dem Essen gibt’s das übliche Abendprogramm: spülen, lesen, Handy daddeln. Ich schreibe noch etwas am Reisebericht, dann ist der Tag auch schon wieder rum.
Samstag, 23.07.2022 Fahrt in den Jasper Nationalpark
Diese Nacht war mal wieder richtig kalt. Und sternenklar. Und es gab eine gute Möglichkeit für Polarlichter aber leider haben wir nichts davon gesehen. War natürlich im Kessel des Tunnel Mountain Campgrounds auch nicht so einfach. Wir machen uns fertig und heute früh ist es so kalt, dass ich mit meinem Fön zum Waschhaus gehe um die Haare trocken zu kriegen. Hab ich auch länger nicht gemacht.
Nach dem Frühstück und dem obligatorischen Wagen fertigmachen verlassen wir Banff und fahren Richtung Jasper. Das Wetter ist ein Traum und die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel. Zuerst geht es kurz über den Trans-Kanada-Highway, dann biegen wir ab auf den Icefields Parkway und hier wird die Landschaft atemberaubend schön. Berge, Gletscher, Wasserfälle und türkisblaue Seen reihen sich aneinander und alle paar Kilometer gibt es einen Parkplatz mit einer lohnenswerten Sehenswürdigkeit daran. Wahrscheinlich lohnt es sich auch überall anzuhalten aber das schaffen wir zeitlich nicht, denn der Weg heute ist 320 Kilometer lang. An einigen Parkplätzen müssen wir sowieso vorbeifahren, denn sie sind rappelvoll. Da passen wir mit dem Wohnmobil nicht mehr drauf.
Das erste Mal stoppen wir am Bow Lake, einem Bergsee mit klarem, kristallblauem Wasser.
Danach geht es durch die Bergwelt der Rocky Mountains weiter zum Mistaya Canyon. Hier hat sich der Mistaya River tief ins Gestein eingeschnitten und hat dabei eine wunderschöne Schlucht mit Wasserstrudeln und steinernen Brücken hinterlassen. Der Weg von Parkplatz zum Canyon ist 500 Meter lang und geht über Steine und Wurzeln immer bergab. Mist, dass muss ich gleich auch alles wieder hochgehen. Unten am Fluss ist es richtig schön, das hellblaue Gletscherwasser dröhnt schon von weitem und über große Felsen kommt man auch ganz nah ans Wasser ran. Der Weg hat sich definitiv gelohnt.
Zurück am Wagen muss ich erstmal was trinken. Es ist ganz schön warm geworden und der Weg zurück bergauf war ganz schön anstrengend. Als nächstes halten wir am North Saskatchewan River. Der Parkplatz liegt direkt am Aussichtpunkt und nach ein paar Schritten hat man einen tollen Ausblick über ein breiteres Flusstal, welches früher von Pelzhändlern als Handelsroute genutzt wurde. Heute freuen sich die Tiere über ein fast schneefreies Tal, in welchem sie ungestört auf Nahrungssuche gehen können.
Wir fahren weiter und langsam kommt die Höhe ins Spiel. Über Serpentinen geht die Straße steil bergauf. Mittendrin gibt es wieder einen Parkplatz, von dem aus man gut erkennen kann, wie hoch man innerhalb kürzester Zeit gekommen ist.
Wir fahren weiter bergauf und halten am Athabasca-Gletscher. Oh, ist es hier voll. Am Gletscher-Infozentrum stehen bereits die Shuttlebusse in Reihe, um die Horden an Touristen auf den Gletscher oder ein paar Kilometer weiter zu einem Aussichtspunkt zu bringen. Wir halten also nicht am üblichen Besucherparkplatz, denn wir wollen nicht mit den Massen auf den Gletscher gekarrt werden. Wir fahren gegenüber auf der anderen Straßenseite einen kleinen Schotterplatz an. Hier scheinen die anspruchsloseren Touristen zu parken, denn von hier aus gehen die Menschen zu Fuß ins Eis. Mich erinnert der Weg sehr an den Aufstieg auf den Vulkan in Island und da habe ich leider schlechte Erfahrungen dran, also bleiben wir schön wo wir sind- am Parkplatz. Die Aussicht ist auch von hier aus schön. Der Athabasca-Gletscher ist übrigens das größte Eisfeld südlich des Polarkreises.
Auf dem Weg in den Jasper-Nationalpark werden wir immer vom milchig-weißen Sunwapta River nebenher begleitet. Irgendwann hält Mike am Straßenrand an und muss prüfen, wie kalt das Wasser in so einem Gletscherfluss ist. Ergebnis: die Füße tun schon nach kürzester Zeit weh, so kalt ist es.
Unser vorletzter Stopp für heute sind die Sunwapta Falls. Auch hier gibt einen kurzen Fußweg vom Parkplatz zum Fluss, der sich wunderschön in die Landschaft gegraben hat und in Stromschnellen bergab fließt. Auch hier lohnt sich der Stopp.
Der letzte Halt sind nochmal Wasserfälle: Die Athabasca Falls. Hier ist es ganz schön voll, auf dem Parkplatz hat gerade ein Reisebus eine Gruppe Touristen ausgekippt, die laufen jetzt zusätzlich zu den ganzen Menschen, die oben auf dem Parkplatz ihre Autos abgestellt haben zu den Wasserfällen. Diese sind wieder sehr hübsch, doch auf den Brücken ist es so eng, dass man kaum zum Fotografieren kommt.
Wir gehen die Touri-Runde einmal ab, dann geht’s zurück zum Wohnmobil und weiter in den Jasper Nationalpark. Wir haben für die nächsten drei Nächte einen Stellplatz auf dem Whistlers Campground gebucht. Ich hatte im Internet schon gelesen, dass die hier die Bäume zum einen wegen Käfern, zum anderen wegen Umbauarbeiten abgeholzt hatten aber im ersten Moment bin ich doch erschrocken: Der Platz liegt direkt an der Straße und es gibt keinerlei Bäume oder Privatsphäre. Die Wohnmobile stehen einfach nebeneinander auf plattem Untergrund. Oje, mal sehen, wo wir hier drei Tage landen. Zum Glück achten wir bei den Reservierungen immer darauf, dass der Stellplatz möglichst weit weg von der Straße liegt und so landen wir in einem noch recht unabgeholzten Teil, haben Grünzeug um uns rum und hören nichts von der Straße. Sehr gut so. Bei der Anmeldung wurde Mike eindrücklich auf die Bären hier am Campingplatz angesprochen, die momentan fast täglich an bestimmten Stellen in Menschennähe nach Futter suchen. Bisher haben sie keine Menschen angegriffen aber auf ihrer Suche nach etwas Essbarem Zelte zerstört. Zum Glück ist ihr Gebiet noch ein paar Loops von unserem entfernt.
Es ist heute Abend immer noch unglaublich warm. Wir setzen uns mit kurzen Sachen in unsere Stühle in den Schatten und freuen uns über die Sommerwärme. Kennen wir ja auch noch anders. Später bereite ich das Abendessen vor. Da man hier auf dem Campingplatz so viel Holz für die Feuerstelle einsacken darf, wie man möchte, sammelt Mike erstmal ordentlich ein. Danach macht er den Grill an und es gibt Folienkartoffeln, Brot, Bohnenpfanne und Salat. Lecker.
Als die Sonne schwächer wird machen sich die Mücken wieder breit und wir verziehen uns nach drinnen. Ich spüle schnell, Mike räumt Krams zusammen und dann spielen wir Kniffel. Leider verliere ich heute nur. Jetzt geht’s noch unter die Dusche und dann ins Bett.
Sonntag, 24.07.2022 Jasper Nationalpark
Die letzte Nacht habe ich unglaublich unruhig geschlafen und wirr geträumt und als ich um 8 Uhr aufwache, fühle ich mich definitiv nicht ausgeschlafen. Mike neben mir hat gut geschlafen, ist aber irgendwie auch nicht richtig wach. Außerdem ist es wieder eiskalt. Zum Glück haben wir hier Strom und können die Heizung anmachen. Draußen hat es sich über Nacht zugezogen, es ist grau und wolkenverhangen. Da wir heute nichts Konkretes vorhaben, bleiben wir erstmal liegen und gucken die letzten beiden Folgen unserer Serie, die heute abläuft. Danach rufe ich Maya an und wir quatschen ein bisschen. Erst um 11 Uhr stehen wir endgültig auf, machen uns fertig und frühstücken. Es ist schon fast Mittag, da darf es auch fettig gebratenes Toast mit Speck, Rührei und Käse geben.
Mike hat auf der Wanderkarte einen kürzeren Wanderweg am Annette-Lake gefunden, den wollen wir mal ausprobieren. Wir fahren los, fahren und fahren und kommen irgendwann an der Parkgrenze an. Da sind wir wohl zu weit gefahren. Die Fahrerei war aber nicht umsonst, denn wir haben so einige Tiere am Straßenrand gesehen: Zuerst lag eine ganze Herde Elks (Wapiti-Hirsche) im Grünstreifen am Rand, danach lief eine Gruppe Dickhornschafe auf der Straße rum und dann stand am rechten Fahrbahnrand eine Mountain Goats Mutter mit Kleinem Zicklein. Sooo süß die beiden.
Auf dem Weg zurück zum Annette Lake erfahren wir erst vom Einweiser auf dem Parkplatz, dass am Annette Lake keine Wohnmobile parken dürfen. Draußen steht zwar nur was von Pferden und Fahrrädern, auf den Parkplatz lassen die uns aber trotzdem nicht. Also wieder zurück und was Neues suchen. Wir fahren zum Pyramid Lake, hier soll es einen hübschen kleinen Strand geben und tatsächlich kriegen wir hier einen Parkplatz und einen Platz für unsere Stühlchen am schönen kleinen Sandstrand. Obwohl einige Kinder im Wasser sind, ist es mir heute doch zu kalt zum Schwimmen. Wir holen Kaffee und Kuchen aus dem Wohnmobil und Mike bearbeitet ein paar Fotos am Laptop. Schön ist es hier. Ruhig und nicht überlaufen. Da wir beide heute unglaublich müde sind, sitzt es sich hier richtig gut.
Über uns brauen sich leider immer dickere Wolken zusammen und es fängt an zu tröpfeln. Zum Glück hatten wir noch etwas Zeit hier. Wir packen also unsere Siebensachen zurück ins Wohnmobil und fahren zurück Richtung Jasper. Mike stellt das Wohnmobil auf einem Parkplatz ab und wir bummeln Richtung Zentrum. Das ist recht übersichtlich und besteht aus zwei hintereinander liegenden Straßen. Hier gibt es überwiegen Touri-Shops und diverse Restaurants. Wir gehen die eine Straße hoch und die andere wieder runter auf der Suche nach einem Thermo-Becher von Tim Hortons. Mike braucht einen Becher für seinen Kaffee und es darf nur der von Tim Hortons sein. Leider hat der keinen Thermobecher und wir ziehen ohne wieder ab.
Mittlerweile ist es fast 18 Uhr. Wir fahren zurück zum Stellplatz. Auf dem platten Campingplatzteil grast eine ganze Herde Elk friedlich vor sich hin. Die lassen sich von den Menschen drumherum gar nicht stören.
An unserem Platz angekommen mache ich schnell Abendessen fertig und da es zwar wolkig aber trocken ist, schmeißt Mike nochmal den Grill an und es gibt eine zweite Ladung Bohnenpfanne. So langsam müssen wir auch den Kühlschrank leeren, da ist es gut um alles, was ich irgendwie verarbeiten kann. Wir essen noch draußen, dann geht’s wieder wegen der nervenden Mücken rein. Mike spült, ich schreibe am Reisebericht weiter. Und während ich am Laptop sitze, laufen draußen Nadine, Tino und Hund Klaus vom Instakanal „Kanadine20“ an unserem Wohnmobil vorbei. Der Abend endet mit nettem Gequatsche bis Mitternacht. Dann geht’s ins Bett und wir fangen noch einen Film an, bevor uns die Augen zufallen.
Montag, 25.07.2022 Jasper Nationalpark
Irgendwie komme ich momentan nachts nicht zum Schlafen, während Mike neben mir selig vor sich hin schläft. Und dann schellt noch zu Unzeiten zweimal das Handy. Erst als es hell wird, schlafe ich richtig ein und wache erst um 10 Uhr wieder auf. Dafür bin ich deutlich wacher als gestern früh. Wir machen uns fertig, zum Frühstück gibt es wieder Knäckebrot und Joghurt mit Obst. Draußen ist es sehr bewölkt, es soll aber heute trocken bleiben und die Temperaturen reichen für eine dünne, lange Hose. Ideales Wanderwetter eigentlich. Gegen 12 Uhr fahren wir zum „Valley of Five Lakes“. Der Parkplatz ist rappelvoll und wir müssen eine ganze Weile warten, bis wir einen Parkplatz für unser Wohnmobil kriegen. Jetzt die Wanderschuhe an und los. Der Rundweg ist 5 Kilometer lang und geht ordentlich hoch und runter. Über Steine und Wurzeln klettern wir an den besagten fünf Seen vorbei, natürlich nicht, ohne dabei ganz nebenbei die Mücken zu bekämpfen. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass die Mücken dieses Jahr unsagbar nerven? Da der Himmel bewölkt ist, schimmern die Seen leider nicht so schön türkis, hellblau oder grün, nett ist der Weg aber trotzdem.
Das denken sich auch viele andere Menschen, denn es ist ganz schön voll hier und an einigen Stellen auch eng. Nach zwei Stunden kommen wir wieder am Wohnmobil an, ordentlich verschwitzt, k.o. und natürlich mit neuen Mückenstichen. Wir lassen uns erstmal ausdunsten, dann geht’s weiter zum Maligne Canyon. Wir wollen gar nicht mehr sooo viel laufen aber ein bisschen geht noch. Beim Blick auf die Karte stellen wir fest, dass der Wanderweg am Canyon lang und steil ist, da haben wir dann heute keine Lust mehr drauf. Meine Beine fühlen sich jetzt schon an wie Pudding. Zum Glück gibt es verschiedene Haltepunkte entlang der Straße, von denen aus man einen Blick auf den Canyon werfen kann. Die Brücken über den Fluss sind durchnummeriert, wir halten an der „Fifth Bridge“ und gehen ein paar Meter zum Fluss. Von der Brücke aus hat man einen großartigen Blick über das rauschende, eisblaue Wasser.
Die Portionen sind riesig und lecker aber auf kriege ich das nicht. Obwohl mir Mike schon bei den Nachos hilft, geht ein Rest wieder zurück in die Küche. Aber der Bauch kann noch so voll sein, ein Eis passt immer noch obendrauf. Ich hole zwei Kugeln und da die so groß sind, dass die nicht ins Hörnchen passen, kriegt Mike direkt noch ein Schälchen und einen Löffel dazu. Jetzt haben wir beide unser Eis gekriegt.
Da Mike seine sechs kleinen Bierchen geleert hat, fahre ich zurück zum Campingplatz. Leider ist unterwegs immer noch kein Bär zu sehen. Mittlerweile ist es 20:00 Uhr und mir ist etwas kühl geworden. Gut, dass es im Wohnmobil wärmer ist. Der Abend vergeht mit Lesen und Reisebericht schreiben, duschen und Film gucken. Den haben wir gestern natürlich nicht mehr zu Ende geguckt. Mal sehen, wie weit wir heute kommen.
Dienstag, 26.07.2022 Fahrt zum Pinegrove Campground
Heute geht es weiter Richtung Vancouver. Die Strecken durch die Rockies sind länger, als es auf der Karte aussieht und so haben wir die Strecke von Jasper nach Vancouver mit zwei Übernachtungen unterteilt. Eigentlich haben wir heute gar nichts vor, es steht ein reiner Fahrtag an und so packen wir nach dem Frühstück zusammen, spülen und machen das Wohnmobil wie jeden Morgen abfahrbereit. Bei der Ausfahrt von Whistler´s Campground stellen wir uns an der Dump Station an und treffen noch mal auf Nadine und Tino sowie eine Familie aus Berlin die mit drei kleineren Kindern unterwegs ist. Die Berliner haben ein größeres Problem mit ihrem Wohnmobil, ihnen läuft viel wirklich viel Wasser in den Innenraum. Sie haben schon alles mit Handtüchern ausgelegt und suchen nach einer Werkstatt. Das ist gar nicht so einfach, denn die nächste Werkstatt ist einige Kilometer weit weg und Zeit für eine Reparatur hat eigentlich auch keiner. So einen Mist braucht im Urlaub wirklich niemand aber die Wohnmobile sind immer wieder für eine (unwillkommene) Überraschung gut.
Am Ausgang des Jasper Nationalparks halten wir bei den Overlander Falls und gucken uns noch einmal einen wunderschönen eisblauen Gebirgsfluss an, der sich in kleineren Wasserfällen abwärts stürzt. Vom Parkplatz aus sind wir bergab gelaufen und je tiefer wir zwischen den Felsen verschwinden und je näher wir dem Wasser kommen umso kühler wird es. Angenehm ist es hier und wunderschön. Außer uns sind nur wenige Leute unterwegs und so können wir in Ruhe ein paar Fotos machen, ohne dass uns fremde Menschen vor die Linse laufen. Nach einer guten halben Stunde machen wir uns auf den Weg zurück zum Parkplatz.
Von hier aus geht es auf dem Yellowhead-Highway Richtung Süden in den Fraser Canyon. Das Navi sagt was von erstmal 200 Kilometer geradeaus. Je weiter wir nach Süden kommen, umso heißer wird es. Glaubt man gar nicht, dass es hier in den Bergen so warm werden kann. Wir fahren und fahren immer geradeaus und über 200 Kilometer begleitet uns eine Baustelle. Die scheinen neben der Straße eine Pipeline zu verlegen und so gibt es alle 2 Kilometer eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Mike kann die Baustellenschilder bald nicht mehr sehen.
Wir fahren ohne weitere Pause durch bis zum heutigen Campingplatz. Der liegt mitten im Nichts am Straßenrand am Hang. Die Besitzerin ist sehr freundlich und emsig, erinnert mich ein bisschen an eine kleine, grauhaarige Biene. Sie düst mit ihrem Golfcart über den kleinen Campingplatz und weist den nach und nach eintrudelnden Gästen ihre Stellplätze zu. Wir kriegen einen Platz ganz unten durch, unter Bäumen und an einer Pferdewiese. Schön weit von der Straße entfernt. Hier kann man es für eine Nacht aushalten.
Ich muss noch einmal Wäsche waschen, denn wir haben bei der Hitze der letzten Tage viele, viele T-Shirts verbraucht. Ich warte, bis die Waschmaschine frei ist, danach kommen die Sachen in den Trockner und schon haben wir wieder frische Wäsche im Schrank. Mike hat unterdessen den Campingkocher aufgestellt, denn heute Abend gibt es Suppe. Die passt nicht so wirklich zu den Temperaturen draußen aber sie ist nun mal noch übrig und muss weg. Auf dem Platz neben uns hält ein Wohnmobil mit einer Familie aus der Schweiz. Die sind gerade am Beginn ihrer Rundreise und so vermachen wir denen noch unser nicht benutztes Grillrost, welches wir seit dem ersten Tag mit uns rumfahren. Vielleicht können die das ja noch gebrauchen.
Wir essen noch draußen aber auch heute vertreiben uns die Mücken recht schnell zurück ins Wohnmobil. Jetzt noch duschen, fernsehen und dann ist Schluss für heute.
Mittwoch, 27.07.2022 Fahrt zum Blue Lake Resort
Warum sind wir heute eigentlich so früh wach? Um 7:30 Uhr wache ich langsam auf, Mike ist schon hellwach. Die Nacht war ruhiger als erwartet und auch ich habe ziemlich gut geschlafen. Lediglich zwei Mal habe ich kurz einen Zug gehört, von der Straße gar nichts. Mike hat heute früh einen neuen Rekord erreicht: 15 neue Mückenstiche allein am Rücken, dazu noch diverse andere überall verteilt. Die müssen erstmal mit Afterbite versorgt werden. Danach machen wir uns fertig und fahren nach Kamloops. Hier wollen wir bei Cora´s ein letztes Mal frühstücken. Außerdem möchte ich nochmal kurz in die Mall. Da heute einer der heißesten Tage in British Columbia angesagt ist- es soll bis 42 Grad heiß werden- ist der Bummel durch die Mall wahrscheinlich gar nicht schlecht. Hier ist es immer so kalt wie im Kühlschrank. Zum Frühstück gibt’s wieder Toast, Kartoffeln mit Speck, Crepes und Bananentoast mit Karamellsauce. Wieder alles lecker, aber das Personal hier in Kamloops ist bei weitem nicht so freundlich wie letztens in Winnipeg oder Saskatoon. Weder wird Kaffee nachgeschenkt noch nach Alternativen fürs Essen gefragt. Wir essen also auf, dann kommt ja sowieso ratz fatz die Rechnung auf den Tisch und dann gehen wir zu Old Navy. Die haben gerade so viele schöne Sachen… da müsste ich ja noch einen zweiten Koffer neu holen, um alles mit nach Hause zu kriegen. Ich nehme zwei Sommerkleider für mich, ein Einhorn-Handtuch für die kleine Nichte und Haargummis für Maya mit. Das muss reichen.
Bei Tim Hortons gibt’s endlich die langersehnten aber nirgendwo verfügbaren Thermobecher. Einer kommt für Mike mit, ein zweiter für Maya. Jetzt aber genug geshoppt. Mike fährt auf dem Trans-Kanada-Highway zuerst westlich, dann Richtung Süden. Die Landschaft hier ist ganz schön langweilig: Karg, braun und trocken. Und der Fraser River nebenher dümpelt auch nur rum. Da könnte ich auch an die Mosel oder ins Siebengebirge fahren. Sieht ähnlich aus. Erst Richtung Süden verändert sich die Landschaft wieder zum Positiven. Es wird wieder hügeliger und waldiger, der Fluss nimmt wieder an Fahrt auf.
Da es so unsagbar heiß ist, suchen wir nach einer Stelle, an der wir ans Wasser kommen. Leider gibt es in dieser kargen Landschaft kaum Möglichkeiten. Am Thompson River gibt es zwischenzeitlich eine Art Stausee mit einer Badestelle, da kriegen wir aber mal wieder mit dem Wohnmobil keinen Parkplatz. Schade, ich hätte mich sehr über etwas Abkühlung gefreut. Sobald man die Tür vom Wohnmobil öffnet, erschlägt einen die Hitze regelrecht. Auf google maps ist ein Aussichtspunkt „Balancing Rocks and Hoodoos“ genannt, da wollen wir noch hin. Leider ist an der Straße keinerlei Zufahrt oder Abfahrt zu den Hoodoos möglich. Wir müssen also auch hier unverrichteter Dinge weiterfahren. Der dritte Versuch ist der „Elephant Provincial Park“. Wir sind bereits 40 Kilometer an ihm vorbeigefahren, als wir das überhaupt bemerken. Die Hitze scheint Brei im Kopf zu hinterlassen. Also ist hier auch nichts für uns zu holen. Wir haben aber auch diesmal keine Schilder oder eine Ausfahrt für den Park gesehen. Ok, dann eben weiter. In Lytton wütet seit zwei Wochen ein heftiger Waldbrand, der bisher nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Schon von Weitem sieht man den Dunst über den Bergen hängen und je weiter wir nach Lytton kommen, umso deutlicher sind die Rauchsäulen an den Bergen zu erkennen. Allein im Vorbeifahren zähle ich acht solcher Rauchsäulen. Die Bäume rechts am Straßenrand sind schwarz und verkohlt. Der Ort Lytton selbst wurde letztes Jahr bereits Opfer eines Feuers, außer den verkohlten Grundmauern der Häuser ist dort nichts mehr zu erkennen. Und jetzt brennt es unweit des Ortes schon wieder.
Bei der Hitze und dem heißen Wind ist es kein Wunder, dass die Feuer immer wieder aufflammen. Von der kanadischen Regierung aus gibt es eine Warnung vor schlechter Luft für den Fraser Canyon. Hier mischen sich Rußpartikel der Brände, Ozon und die Hitze, die Luft ist diesig. Es wird geraten, keine anstrengenden Aktivitäten im Freien zu unternehmen. Ist bei der Hitze sowieso nicht drin.
Ein paar Kilometer weiter wird der Highway immer schmaler, bis wir irgendwann vor einer Ampel stehen. Hier geht die nächsten 20 Minuten erstmal nichts mehr, dann kommt uns irgendwann eine laaaange Schlange Fahrzeuge entgegen. Autos, Lastwagen, Wohnmobile- alles mit dabei. Dann sind wir an der Reihe. Letztes Jahr hatte es hier starke Überschwemmungen gegeben und diese haben einen längeren Teil des Trans-Kanada-Highways weggerissen. Über eine Schlucht wurde in der Zwischenzeit eine einspurige Behelfsbrücke gebaut, über die jetzt der Verkehr immer abwechselnd fahren kann. Vorweg fährt ein Safety Car und gibt das Tempo vor. Langsam setzt sich unsere Schlange in Bewegung und bei der Länge der kaputten Strecke weiß ich jetzt auch, warum man tatsächlich 20 Minuten an der Ampel steht. Auf die Brücke darf jeweils nur ein Lastwagen auffahren, daher dauert es eben länger, bis man hier durch ist.
Unser vorletzter Stellplatz ist für eine Nacht das Blue Lake Resort. Der Weg, der vom Highway bergauf Richtung Campingplatz geht ist lebensgefährlich: Steil, eng, zum Teil nur Schotter und ohne jegliche Randbefestigung. Oh, mein Gott- wenn uns hier jemand entgegenkommt. Wir fragen uns auf der 2 Kilometer langen Strecke mehrfach, ob wir hier richtig sind. Aber ja, am Ende dieser Horror- Zufahrt wartet der Campingplatz. Der Besitzer versteht die Aufregung gar nicht, es kämen ja schließlich auch Leute mit längeren Gespannen hier hoch. Ich will lieber gar nicht dran denken, wie wir da morgen wieder runterkommen.
Was der Platz Schönes hat: Einen See mit kühlem, klarem Wasser. Endlich eine Möglichkeit zum Abkühlen. Mike und ich ziehen schnell unsere Badesachen an und ab geht’s ins Wasser. Oh, tut das gut. Außer uns sind gefühlt alle Gäste des Campingplatzes auch im Wasser, teils wieder mit riesigen Gummitieren. Rings um den See gehen sofort steile Schotter- und Feldwände nach oben, was dem See ein bisschen das Feeling eines Baggersees verleiht. Bestes Baggersee-Sommer-Feeling.
Es ist bereits fast 18 Uhr, als wir wieder aus dem Wasser kommen, kurz abduschen und uns aufs Bett legen. Die Klimaanlage dröhnt mit ordentlichen Stromschwankungen die ganze Zeit, denn ohne heizt sich unsere Sardinenbüchse sofort wieder unerträglich auf.
Später schreibe ich am Reisebericht weiter und Mike macht das Abendessen fertig. Es gibt Reis mit Paprika und Erdnussbuttersauce. Resteessen. Und dafür gar nicht schlecht. Nach dem Abendessen gehen wir nochmal zum See und am Himmel ist eine komische Wolkenfärbung zu sehen. Die Sonne ist längst hinter den Felswänden untergegangen aber in den Schleierwolken schimmert es rosarot vom Waldbrand. Am See ist noch gut Betrieb, Kinder wie Erwachsene genießen den heißen Abend im und am Wasser. Ich spüle schnell, Mike kümmert sich um die Fotos von heute und dann gucken wir noch einen Film. Während es draußen dunkel wird versuchen wir in der Hitze Schlaf zu finden. Mal sehen, wie die Nacht so wird.
Donnerstag, 28.07.2022 Fahrt Richtung Vancouver
Die Nacht war ruhig und warm und wir haben ganz gut geschlafen. Leider haben uns gestern Abend unbemerkt viele, viele Mücken erwischt und die Stiche machen sich heute früh bemerkbar. Mike ist wieder total zerstochen und sogar ich habe welche abgekriegt. Ich kriege sonst nie welche. Muss man nicht haben.
Wir frühstücken schnell und machen uns und das Wohnmobil abfahrbereit. Ich warte bereits sehnsüchtig auf den Moment, wenn wir die blöde Zufahrt geschafft haben und unten am Highway angekommen sind. Tatsächlich empfinde ich die Strecke heute bergab als gar nicht ganz so schlimm, obwohl ich an der Seite vom Abgrund sitze. Bin trotzdem froh, als wir wieder Asphalt unter den Reifen haben.
Heute haben wir nichts Weiteres vor als zum letzten Campground bei Vancouver zu fahren und dort zusammenzupacken und das Wohnmobil abgabefertig zu machen. Wir fahren also Kilometer um Kilometer auf dem Trans-Kanada-Highway vor uns hin, bis wir im kleinen Örtchen Yale ankommen. Dort entdecken wir ein kleines Freilichtmuseum am Straßenrand. Es ist wirklich klein doch wir parken mal und gucken rein. Es geht um den Ausbau der Pacific Railway, um den Handel an dieser Eisenbahnroute und um Menschen, die dort durch die harte Arbeit anderer entlang der Strecke reich wurden. Das alles wird mit Bildern und vielen Ausstellungsstücken im Haus eines früheren Kaufmanns sowie in Zelten im Garten dargestellt und veranschaulicht. Hier wird z.B. auch erklärt, dass für die schwere und gefährliche Arbeit viele Chinesen angeheuert wurden, die vor allem für die Sprengarbeiten beim Bau der Eisenbahnlinie zuständig waren. Viele Chinesen überlebten diese Arbeit nicht aber diejenigen, die ihre Arbeit beenden konnten blieben meist in Kanada und sind die Begründer der heutigen chinesischen Population hier.
Nach einer guten Stunde haben wir alles gesehen und kehren zum Wohnmobil zurück. Oben an der Straße angekommen fällt uns auf, dass Yale der Inbegriff eines verlassenen, zurückgelassenen Ortes ist. Bis auf eine alte Tankstelle stehen alle Läden und Restaurants leer, sogar der in einer Ecke abgestellte alte Schulbus wird mittlerweile von Kletterranken überwuchert. Früher war der Ort wohlhabend und ein Zentrum für den Handel, heute ist davon nichts mehr zu sehen.
Mittlerweile ist Nachmittag und wir fahren jetzt ohne Stopp durch bis nach Abbotsford, kurz vor Vancouver. Hier liegt unser letzter Campground für diese Reise. Beim ersten Versuch übersehen wir die Einfahrt vom Campingplatz und fahren ziemlich orientierungslos durch die Gegend. Mike fährt rechts ran um das Navi neu zu stellen, da hält ein Auto neben uns und eine Frau ruft aus dem Beifahrerfenster: „Seid ihr auf der Suche nach dem Campingplatz? Fahrt einfach hinter mir her. Wenn ich an der Kreuzung winke, dann biegt ihr rechts ab, dann kommt ihr wieder zum Platz zurück.“ Ohne eine Antwort von uns zu erwarten gibt die Frau Gas, Mike fährt hinter ihr her bis zur besagten Kreuzung. Da winkt sie zum Fenster raus und verschwindet, wir biegen rechts ab. Das sind die netten Begegnungen und die Freundlichkeit der Menschen, die wir hier in Kanada so mögen.
Beim zweiten Versuch erreichen wir den Campingplatz. Der ist recht klein, sehr gepflegt und die freundliche Dame am Empfang weist uns unseren Stellplatz zu. Wir stehen zwischen zwei riesigen fahrenden Einfamilienhäusern, die sind so groß, da wirkt unser kleiner LKW winzig gegen. Wir verschwinden regelrecht zwischen diesen Monstern und müssen lachen. Da sieht so grotesk aus.
Es ist früher Abend geworden und obwohl wir noch überhaupt nichts zusammengesammelt haben lacht uns doch sehr der Pool an. Ein letztes Mal ziehen wir die Badesachen an und verschwinden im warmen Wasser. Oh, tut das gut. Wir genießen die letzten Sonnenstrahlen, dann gehen wir zurück, ziehen uns um und fangen an, die letzten 5 Wochen organisiertes Chaos in Koffer und Taschen zurück zu räumen. So viel Kram hatten wir mitgenommen? Wie soll das denn alles in die Taschen passen?
Mike rollt ordentlich T-Shirt für T- Shirt, Pulli für Pulli zusammen, so passt am Ende doch alles ins Gepäck. Bis auf ein paar Kleinigkeiten verschwindet alles in den Koffern im Bauch des Wohnmobils. Jetzt mache ich noch einmal gründlich sauber, dann ist der Wagen abgabebereit. Schade.
Wir essen schnell noch ein paar Reste und dann geht’s eine letzte Nacht ins fahrende Bett.
Freitag, 29.07.2022 Vancouver
Um 7 Uhr schellt der Wecker, denn wir müssen heute früh noch ordentlich Kleinkram packen und die letzten Kleinigkeiten in unseren Taschen verstauen. Es ist unglaublich, was sich alles für Zeugs während eines Wohnmobilurlaubs ansammelt. Da sind noch Mülltüten und Zucker übrig, die Propangasflasche ist noch halb voll und wohin mit dem Wischmopp? Wasser und Zucker nimmt uns die Besitzerin des Campingplatzes gerne ab und der Rest muss leider in die Mülltonnen.
Um 9 Uhr fahren wir los Richtung Abgabe bei Cruise Canada, schnell noch volltanken unterwegs und dann ist unser Zuhause auf Rädern um 10 Uhr abgegeben. Die Rückgabe erfolgt professionell und zügig.
Wir werden nach evtl. aufgetretenen Schäden gefragt, nennen die durchgebrannte Sicherung , die uns die letzten zwei Tage mit halber Innenraumbeleuchtung hatte sitzen lassen, und die nicht richtig schließende Badezimmertür und schon hat das Wohnmobil einen Werkstattzettel in der Scheibe hängen und für uns wird ein Taxi gerufen. Das kommt keine Viertelstunde später und bringt uns zu unserem Hotel. Eigentlich sind wir viel zu früh aber das Personal am Empfang ist super freundlich und wir dürfen tatsächlich schon direkt unser Zimmer beziehen. Als wir die Tür aufschließen staunen wir nicht schlecht: das ist kein Zimmer sondern eine komplette Wohnung mit Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad, Küche und einem Balkon. Und das alles in der 24. Etage. Die Aussicht vom Balkon ist umwerfend. Wir können über die Stadt bis zum Meer gucken.
Wir genießen den tollen Ausblick erstmal nur kurz denn wir wollen heut noch möglichst viel von Vancouver sehen. Zuerst gibt’s jetzt aber Frühstück bei Cora´s. Es ist 11 Uhr, als wir uns lecker Waffeln und Sandwichs auf der Terrasse des Restaurants schmecken lassen.
Danach gehen wir in den Stanley Park. Es war von Anfang an klar, dass wir nur einen Bruchteil von Vancouver sehen werden können aber in jedem Reisebericht wird der Stanley Park erwähnt und wir werden feststellen: zu Recht. Zuerst zieht es uns an den Second Beach, einen der Strände Vancouvers. Hier stehen wir nun zum ersten Mal am Pazifik, ziehen die Schuhe aus und stecken die Füße ins Wasser. Das ist super warm und ganz schön modderig. Kein Wunder, dass kaum Leute im Wasser sind und das direkt am Strand gebaute Freibad eine Warteschlage vor sich stehen hat. Toll wars trotzdem. Über allem liegt eine Dunstglocke aus Hitze, Smog und Waldbränden, die Luft ist heiß, diesig und trüb. Und in diesen Dunst mischt sich zusätzlich der Geruch von Gras. Cannabis ist hier in Kanada legal und die Menschen machen ordentlich Gebrauch davon. Vom Strand aus biegen wir in den Wald ab. Hier gibt es riesige Mammutbäume, uralt und imposant, dichten Pflanzenbewuchs und Zwischendurch immer wieder die Warnung vor Kojoten. Denen ist heute wahrscheinlich auch zu heiß, denn uns begegnet kein einziger.
Durch den Wald gehen wir zum Seawall, einem 10 Kilometer langen Rundweg, über den man die ganze Halbinsel des Stanley Parks entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad umrunden kann. Vancouver ist eine sehr fahrradfreundliche Stadt, überall sind Fahrradwege ausgewiesen, die von der Autostraße abgetrennt sind. Von dieser Seite der Bucht aus hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Skyline von Vancouver mit all ihren gläsernen Hochhäusern. Und immer wieder starten und landen Wasserflugzeuge vor der Skyline direkt am Wasserflughafen in der geschützten Bucht. Sogar eine Wassertankstelle gibt es mittendrin. Wir gehen auf dem Seawall weiter, gucken noch ein bisschen den Flugzeugen zu und biegen dann ab ins Innere des Parks zu den Totempoles. Hier stehen mehrere bunt verzierte Totempfähle, die mit ihren Schnitzereien die Geschichte „ihrer“ Familie erzählen. Davor gibt es Schautafeln mit zusätzlichen Erklärungen. Super interessant hier.
Da es heute wieder sehr heiß ist, bin ich froh, am naheliegenden Kiosk was Kaltes zu trinken zu bekommen. Frisch gestärkt gehen wir auf der anderen Seite des Parks wieder ans Wasser und schauen diesmal auf den Containerhafen und seine riesigen Überseeschiffe. Hier liegen Stadt und Natur so dicht beieinander, unglaublich, dass wir eigentlich mitten in einer Großstadt sind. Davon ist hier im Park nichts zu spüren.
Wir bummeln noch quer durch den Park und nehmen irgendwann den Weg zurück Richtung Stadt. Hier erkennt man den asiatischen Einfluss der Stadt, die Straßen sind geprägt von chinesischen, japanischen und koreanischen Läden und Restaurant. Eine Ecke weiter warten die bekannten Luxuslabels wie Gucci oder Louis Vuitton auf Kundschaft und teure Uhren werden sogar von eigenen Bodyguards mit schusssicherer Weste bewacht. Und dann gibt es eine Straßenecke weiter auch das arme, das im Elend des Drogensumpfs versinkende Vancouver. Hier leben Menschen in Zelten oder Plastikboxen, einige krümmen sich mitten auf dem Gehweg noch mit der Nadel im Arm. Dieser krasse allgegenwärtige Gegensatz zwischen Reichtum und purem Elend erschüttern uns. So direkt und unverblümt haben wir das noch nie erlebt.
Es wird Abend, als wir in unser Hotel zurückkehren. Der Hunger macht sich bemerkbar und wir überlegen, was wir uns zu Essen holen. Zum Glück gibt es in unserer Straße direkt eine ganze Reihe an Restaurants, da muss doch was dabei sein. Unseren ersten Plan, Essen zu gehen, haben wir schnell verworfen, denn in den Restaurants gibt es Wartelisten und die sind an einem Freitagabend anderthalb Stunden lang. Wir beschließen, uns was zu Essen zu holen und uns auf unseren kleinen Balkon mit der fantastischen Aussicht zu setzen. Mike holt sich beim Chinesen was raus, ich beim Mexikaner. Zusammen mit dem japanischen Käsekuchen, den wir vorhin schon eingesteckt hatten, haben wir ein wunderbares Abendessen, hoch oben über den Straßen von Vancouver. Es ist immer noch heiß und während die Sonne langsam untergeht und die Temperaturen angenehmer werden, sitzen wir hier oben und fühlen uns pudelwohl. Erst als es stockdunkel ist, gehen wir rein. Jetzt noch duschen und dann ab ins Bett, der Tag war lang genug.
Samstag, 30.07.2022 Heimreise
Die Nacht war super erholsam. Das Bett ist bequem, es ist leise, es gibt keine Mücken… Was will man mehr? Mike will etwas kühlere Temperaturen, er hat schlecht geschlafen, denn ihm war zu warm. Die Klimaanlage in der Wohnung ist allenfalls ein Ventilator. Mir reicht das ja, ihm eher nicht. Bis 12 Uhr dürfen wir heute im Hotel bleiben, dann müssen wir raus. Um 10 Uhr stehen wir auf und machen uns fertig. Mike möchte was Herzhaftes zum Frühstück, ich hätte gerne einen Joghurt mit Müsli. Wir trennen uns also, Mike holt sich bei A&W einen Frühstücksburrito und Hashbrowns, ich gehe zum Supermarkt gegenüber vom Hotel und hole dort Joghurt und Kakao raus. Und bei Starbucks nebenan noch eine letzte Tasse. Die geben mir sogar noch einen einfachen, schwarzen Kaffee mit. Wir setzen uns wieder auf unseren kleinen Balkon in der 24. Etage, frühstücken in Ruhe und gucken uns das wuselige Treiben der Großstadt an. Danach packen wir noch handgepäckstauglich um, spülen unseren Dreck weg und verlassen um kurz vor 12 das Hotel. Unser Gepäck dürfen wir zum Glück noch bei denen unterstellen, denn wir haben noch etwas Zeit bis, bis wir zum Flughafen müssen. So gehen wir nochmal Richtung Waterfront, wieder vorbei an den Wasserflugzeugen in Richtung Gastown. Auch heute ist es wieder heiß und stickig und an einem Samstag sind viele Leute in Downtown unterwegs. Wir kommen am Kai für die großen Kreuzfahrtschiffe vorbei, gucken uns dort einen der riesigen Pötte an und schlendern dann immer am Wasser entlang weiter. Mike möchte noch in einen der Souvenirshops, fündig werden wir aber nicht. Mein Ziel für heute ist die Steam-Clock, eine alte Standuhr in Gastown, die mit Dampf betrieben wird und zu jeder vollen Stunde dampfend pfeift. Diese Uhr ist ein beliebtes Fotomotiv und so stehen auch heute viele, viele Touristen vor der Uhr, um Fotos zu machen. Immer einer darf nach vorne zur Uhr, schnell knipsen, drumherum wartet die Menschenmenge brav darauf, bis sie an der Reihe ist. Wir sparen uns das Foto, knipsen nur schnell von weiter weg und gehen dann weiter durch Downtown.
Die Zeit rast mal wieder und schneller als uns lieb ist müssen wir uns auf den Weg zurück zum Hotel machen. Dort rufen sie uns ein Taxi, das fünf Minuten später auch schon da ist, um uns zum Flughafen zu bringen. Der Fahrer stopft all unser Gepäck in den etwas zu kleinen Kofferraum, schlägt schnell die Kofferraumklappe zu und dann geht’s Richtung Flughafen. Unser Flug geht um 17:30 Uhr, also müssen wir um 14:30 Uhr am Flughafen sein. Die Fahrt dauert eine knappe halbe Stunde, dann empfängt uns das Gedränge der Abflughalle. So viele Menschen und alle wollen die irgendwo hin. Unser Gepäck werden wir dank der Premium Economy Class zügig los. Der Schalter ist ziemlich leer, nebenan stehen die Leute Schlange zum Einchecken. Auch der Security Check geht schnell und dann heißt es warten. Als es Zeit zum Boarding ist, tut sich wieder nichts. Der Flieger aus Frankfurt ist schon mit Verspätung in Vancouver angekommen, muss jetzt erstmal sauber gemacht werden, dann dürfen wir rein. Als wir eigentlich schon Richtung Startbahn rollen wollen, müssen noch auf den letzten Drücker Container mit verderblichen Waren verladen werden. Mit etwa anderthalb Stunden Verspätung heben wir in Kanada ab. Wir haben noch eine wunderschöne Aussicht auf Vancouver Island, dann auf die Rockies und später sogar auf die Waldbrände im Fraser Valley, die man bis auf eine Flughöhe von 11 Kilometer erkennen kann. Über Grönland gibt es bei wolkenlosem Himmel eine fantastische Aussicht auf die Eis- und Gletscherwelt.
Als wir die Ostküste Grönlands erreichen, machen wir die Fenster endgültig dunkel und versuchen zu schlafen, so wie es fast das gesamte Flugzeug tut. Nach gut zwei Stunden Schlaf wird es plötzlich wieder hell. Wir sind mittlerweile über Schottland angekommen und es ist Zeit fürs Frühstück. Ich habe noch gar keinen Hunger und döse lieber weiter vor mich hin. Mike isst zumindest das Obst von uns beiden auf. Im Halbschlaf erreichen wir Frankfurt um 13 Uhr Ortszeit. Da wir irgendwo weit weg vom Terminal parken, werden wir mit Bussen zum Terminal gebracht, warten dann auf unser Gepäck und auf den Shuttle- Service, der uns zum Parkhaus bringt. Jetzt noch zwei Stunden Fahrt nach Hause, duschen, Pizza holen und dann geht’s um 19 Uhr hundemüde ins Bett.